Eurogruppe

Finanzminister wollen über digitalen Euro mitentscheiden

Die Finanzminister der Eurozone wollen bei Entscheidungen über den digitalen Euro entscheidend mitreden – und nennen zentrale Anliegen. Der anfängliche Enthusiasmus ist mehr Realitätssinn gewichen.

Finanzminister wollen über digitalen Euro mitentscheiden

rec/ms Brüssel/Frankfurt

Die Euro-Finanzminister pochen auf Mitsprache in Entscheidungen über einen digitalen Euro. „Die Eurogruppe ist der Ansicht, dass die Einführung eines digitalen Euro sowie seine wichtigsten Merkmale und Gestaltungsmöglichkeiten politische Entscheidungen erfordern, die auf politischer Ebene diskutiert und getroffen werden sollten“: Das macht das Gremium der Finanzminister der Eurozone in einer am Abend veröffentlichten Erklärung deutlich.

Seit rund zwei Jahren sondiert die Europäische Zentralbank (EZB) die Einführung eines digitalen Euro. Der EZB-Rat will dieses Jahr entscheiden, ob er eine mehrjährige Testphase startet. Erst danach stünde die Entscheidung über die Einführung eines digitalen Euro an.

Die EU-Kommission will im Mai einen Gesetzesvorschlag zum digitalen Euro vorlegen. Das bekräftigte der für die Währungsunion zuständige Vizechef der EU-Kommission, Valdis Dombrovskis, am Rande des Treffens der Eurogruppe. In Brüssel will man das nicht als Vorentscheidung zur weiteren Umsetzung und Einführung eines digitalen Euro verstanden wissen. Die EU-Kommission greife damit nicht Entscheidungen des EZB-Rats vor, beteuert ein hoher EU-Beamter. Vielmehr gehe es darum, den rechtlichen Rahmen für eine digitale Variante der Gemeinschaftswährung abzustecken. Die Diskussionen deuteten gleichwohl darauf hin, dass der digitale Euro kommt.

Die Finanzminister der Eurozone unterstreichen mit ihrer Erklärung, dass sie auch künftig ein gehöriges Wörtchen mitreden wollen. Am Montag ließ sich die Eurogruppe in Brüssel von EZB-Chefin Christine Lagarde persönlich auf den aktuellen Stand des Projekts digitaler Euro bringen. Auch die EU-Kommission legte ihre Pläne für ihr Gesetzespaket dar.

Privatsphäre? Ja, aber…

In der Erklärung buchstabiert die Eurogruppe ihre Anliegen aus. Wie der EZB ist ihr wichtig zu betonen: „Ein digitaler Euro sollte Bargeld ergänzen, nicht ersetzen.“ Damit gehen die Finanzminister auf Bedenken von Kritikern und Datenschützern ein. Sie verlangen ein „hohes Maß an Privatsphäre“. Drauf hat dem Vernehmen nach vor allem Deutschland gedrungen. Nach dem Willen von Finanzminister Christian Lindner (FDP) soll der digitale Euro beim Schutz der Privatsphäre Zahlungen mit Münzen und Scheinen nicht nachstehen. Das hat Lindner, erklärter Verfechter eines digitalen Euro, erst vor kurzem im Interview mit der Börsen-Zeitung deutlich gemacht.

Andererseits bringt die Eurogruppe Sorgen darüber zum Ausdruck, ein digitaler Euro könnte organisierter Finanzkriminalität Vorschub leisten. Deshalb müsse es auch darum gehen, Geldwäsche, Steuerhinterziehung und andere illegale Finanzgeschäfte zu verhindern. Außerdem müsse die Einhaltung von Sanktionen sichergestellt sein. Die Eurogruppe setzt sich dafür ein, die Regeln für anonyme Zahlungen abzustufen: „mehr Privatsphäre bei risikoärmeren Transaktionen“. Auch plädiert sie – zuvorderst aus Erwägungen zur Finanzstabilität – für eine Obergrenze pro Nutzer. Diese beziffert sie nicht näher. In der EZB ist von 3000 Euro die Rede.

Ein anderes zentrales Anliegen Lindners hat bei den Kollegen nur eingeschränkt verfangen. Der digitale Euro solle programmierbar sein, um über Schnittstellen „innovative Finanzdienstleistungen“ zu ermöglichen, fordert der Finanzminister. Auch Unternehmen und Finanz-Start-ups (Fintechs) erwärmen sich dafür. Die Eurogruppe öffnet die Tür für automatisierte Zahlungen lediglich einen Spalt: Nutzer sollen in der Lage sein, Zahlungen unter „festgelegten Bedingungen“ automatisiert in Auftrag zu geben. Es müsse aber sichergestellt sein, dass der digitale Euro „jederzeit“ zu Banknoten und Einlagen konvertierbar sei. „Der digitale Euro kann daher kein programmierbares Geld sein.“

Fast ein Jahr lang hat sich die Eurogruppe immer wieder mit dem digitalen Euro beschäftigt. Anfänglicher Enthusiasmus über das Projekt unter den Euro-Finanzministern ist nach Angaben Beteiligter einem stärkeren Realitätssinn gewichen. Es sei klar geworden, wie komplex die Einführung eines digitalen Euro sei, berichten Personen, die mit den Beratungen vertraut sind.

Die Zusammenarbeit mit EZB und EU-Kommission adelt ein hochrangiger EU-Beamter als „exzellent“. Die Diskussionen in der Eurogruppe über das Projekt über weite Strecken des abgelaufenen Jahres bezeichnet er als „lebhaft“. Die Stimmung sei inzwischen stärker analytisch geprägt. Dennoch sei „ein starker politischer Wille“ zu vernehmen, das Unterfangen voranzubringen. Mit der Erklärung von Montag hat die Eurogruppe klargemacht, dass sie dabei auch in Zukunft entscheidend mitmischen will.