Flaute am US-Immobilienmarkt könnte zur Rezession führen
Flaute am US-Immobilienmarkt könnte zur Rezession führen
Flaute am US-Immobilienmarkt könnte zur Rezession führen
Bauunternehmer und Käufer halten sich zurück – Negativer Vermögenseffekt belastet Eigentümer – Bessent setzt Fed unter Druck
det Washington
Der US-Häusermarkt hat im laufenden Jahr deutlich an Schwung verloren und könnte vor einer bedeutenden Korrektur stehen. Die Eigenheimpreise bewegen sich kaum und haben zuletzt sogar nachgegeben. Da die Inflationsrate bei 3% liegt, ist der Vermögenseffekt sogar negativ. Unterdessen drosseln hohe Zinsen die Nachfrage. Auch dämpfen sie die Bereitschaft vieler Hauseigentümer, sich von ihrer Immobilie zu trennen. Einen Einbruch wie 2008 befürchten Experten nicht. Doch aber könnte die sich abzeichnende Korrektur ein Vorbote der nächsten Rezession sein.
Wichtige Konjunkturstütze
Der Eigenheimmarkt zählt seit Jahrzehnten zu den wichtigsten Stützen der US-Wirtschaft. So spielt der Markt mit einem Anteil von etwa 17% am Bruttoinlandsprodukt (BIP) eine deutlich größere Rolle als die Industrie. Denn die Produktion im verarbeitenden Gewerbe macht gerade mal ein Zehntel der gesamten Wirtschaftsleistung aus.
Auch kommt die gesamtwirtschaftliche Bedeutung im sogenannten Vermögenseffekt zum Ausdruck. Steigende Hauspreise erhöhen nämlich die „home equity“, also den Kapitalanteil des Eigentümers. Das wiederum animiert zum Konsum, und Verbraucherausgaben sind für fast 70% des BIP verantwortlich. Von den Ausgaben entfällt wiederum ein Drittel auf Wohnkosten. Folglich hätte ein Abschwung sowohl Einfluss auf das Wirtschaftswachstum als auch die Inflation.
Vor diesem Hintergrund bereiten die Trends im laufenden Jahr vielen Experten Sorgen. Wie aus einer Studie der Vermögensverwaltung Fiduciary Trust hervorgeht, ist die Entwicklung der Bautätigkeit ein aussagekräftiger Frühindikator. „Der Eigenheimbau verlangsamt sich in der Regel vor einer Rezession“, erklärt Sid Queler, Immobilienexperte bei Fiduciary Trust. „Die jüngsten Daten deuten darauf hin, dass sich dieser Trend nun möglicherweise wiederholen wird“.
Stornierte Kaufverträge steigen
Neuere Zahlen, die dem Shutdown zum Opfer gefallen, will das Census Bureau des Handelsministeriums in den kommenden Wochen veröffentlichen. Ein weiteres Warnsignal geht von zögerlichen Käufern aus. Denn der Anteil von Eigenheimkäufen, die Kunden nach Vertragsabschluss stornieren, hat auf nationaler Ebene 15% erreicht.
Die Anträge auf Baugenehmigungen gaben im April auf Jahressicht um 3,2% nach, und die Baubeginne rutschten um 1,7% ab. Im weiteren Jahresverlauf beschleunigte sich die Talfahrt. Im August sank die Zahl der Genehmigungen um mehr als 11%, während die Baubeginne um 6,0% fielen.
Erstkäufer haben es schwer
Die eingeschränkte Bautätigkeit allein reicht aufgrund ihres hohen Anteils am BIP aus, um das Wachstum abzuwürgen. Folgen hat der Trend aber auch für die Inflation. Denn die Hauspreise sind in den fünf Jahren seit der Pandemie um 27% gestiegen. Das erschwert vor allem Erstkäufern den Einstieg in den Markt. Die meisten entschieden sich deswegen während der letzten Jahre für Mietobjekte. Das wiederum trieb die Mietpreise und Wohnkosten hoch, die ein Drittel des Verbraucherpreisindex (CPI) ausmachen.
Begleitet werden die Preissteigerungen von hohen Zinsen. Die Fed-Zinssenkungen haben zwar indirekt die Finanzierungskosten beim Eigenheimkauf gesenkt. Gleichwohl sind Hausdarlehen heute mit einem Durchschnittssatz von 6,3% mehr als doppelt so teuer wie 2021.
Damals konnten Kunden mit guter Bonität ihre Immobilie über 30 Jahre zu weniger als 3% finanzieren. Unterdessen schrecken die hohen Sätze nicht nur Käufer ab. Auch wollen Eigentümer verhindern, dass sie ihre günstig finanzierte Immobilie verkaufen und für das nächste Haus einen teuren Kredit aufnehmen müssen.
Sinkende Häuserpreise
Da sich Angebot und Nachfrage auf niedriger Ebene in etwa die Waage gehalten, bewegen sich die Preise kaum. Der S&P Cotality Case-Shiller Index stellte im August sogar eine weit verbreitete Verbilligung fest. So gaben die Häuserpreise im Monatsvergleich in 19 von 20 Ballungszentren leicht nach. „Im Vorjahresvergleich verteuerten sich Eigenheime auf nationaler Ebene nur um 1,5%“, berichtet Nicholas Godec von S&P Dow Jones Indices. „Das ist der geringste Anstieg in über 2 Jahren“.
Und was bedeutet das Zusammenspiel dieser Faktoren, die auf dem Häusermarkt lasten, für die Gesamtwirtschaft? US-Finanzminister Scott Bessent glaubt, die Antwort zu wissen. „Der Eigenheimmarkt befindet sich bereits in einer Rezession“, sagte Bessent kürzlich. Ob er das wirklich glaubt, erscheint zweifelhaft.
Bessent setzt Fed unter Druck
Vielmehr schien die Schwarzmalerei als Vorwand zu dienen, um die Fed unter Druck zu setzen. Bessent plädiert nämlich wie US-Präsident Donald Trump für aggressivere Zinssenkungen. Folglich sagte er, dass „wenn die Fed den Leitzins senkt und dies zu niedrigeren Hypothekenzinsen führt, sie die Rezession am Eigenheimmarkt beenden kann“.
Ein weniger düsteres Szenario zeichnet die Fed selbst, die aber trotzdem besorgt ist. Dies geht aus dem Sitzungsprotokoll des Offenmarktausschusses (FOMC) für September hervor. Darin hätten „mehrere Notenbanker“ auf die Abschwächung am Immobilienmarkt hingewiesen. Zudem hätten einige gewarnt, dass es zu „einem bedeutenden Verfall am Häusermarkt kommen könnte und dieser Abwärtsrisiken für die Wirtschaft birgt“.
Keine Neuauflage der Supbrimekrise
Zwar glauben Ökonomen, dass eine Implosion wie 2008 praktisch ausgeschlossen ist. Dafür seien heute die Finanzierungskonditionen zu streng und das regulatorische Rahmenwerk zu stabil. Einige sind sogar optimistisch. Lawrence Yun, Chefvolkswirt bei der National Association of Realtors (NAR), stellt fest, dass trotz des Shutdown im Oktober die Verkäufe bestehender Eigenheime um 1,2% zulegten. „Mietpreissteigerungen haben sich entschleunigt, das wird die Inflation drücken und die Fed zu weiteren Zinssenkungen ermuntern“. Zu erwarten ist laut Yun, dass dies den Häusermarkt belebt und die Bauinvestitionen ankurbelt.
