Dissens bei der Fed heizt Debatte um Powell-Nachfolge an
FOMC-Dissens heizt Debatte um Powell-Nachfolge an
det Washington
Die US-Notenbank hat wie erwartet ihre seit über sieben Monate andauernde Zinspause fortgesetzt. Gleichwohl sorgte die Sitzung des Offenmarktausschusses (FOMC) der Federal Reserve für einen Aufreger. Denn zum ersten Mal seit 1993 votierten zwei Notenbanker gegen den Mehrheitsentscheid. Der Dissens hat nicht nur Hoffnungen auf eine monetäre Lockerung beim nächsten FOMC-Treffen im September geweckt. Auch werfen die Differenzen in den Reihen der Währungshüter die Frage auf, ob sich zumindest ein Vorstandsmitglied bewusst positioniert, um im kommenden Jahr die Nachfolger des Fed-Vorsitzenden Jerome Powell anzutreten.

Die Entscheidung, das sechste Mal in Folge den Leitzins im Zielkorridor von 4,25 bis 4,5% beizubehalten, galt von vornherein als sicher. Schließlich hat Powell wiederholt durchblicken lassen, dass in seiner Wahrnehmung die Teuerungsrate weiter zu hoch ist. Dies, obwohl der PCE-Preisindex von April bis Juni gegenüber dem ersten Quartal von 3,7 auf 2,1% rutschte. Die Kernrate – das bevorzugte Inflationsmaß der Fed – fiel von 3,5 auf 2,5%.
Streng datenabhängige Entscheidung
Auch hatte er bisher auf die Stärke am Arbeitsmarkt hingewiesen. Dieser ermögliche es der Notenbank, Geduld walten zu lassen und weitere Daten abzuwarten. Powell geht es insbesondere darum, zu sehen, welche gesamtwirtschaftliche Wirkung die Strafzölle von US-Präsident Donald Trump in den kommenden Wochen und Monaten entfalten werden.
Nach der Sitzung erinnerte Powell an die niedrige Arbeitslosenquote und den insgesamt „soliden Zustand“ des Jobmarkts. Gleichwohl räumte er zunehmende Abwärtsrisiken ein. Schließlich lag das monatliche Stellenwachstum außerhalb der Landwirtschaft seit Jahresbeginn nur bei etwa 110.000. Auch hat sich bei den Notenbankern die Überzeugung durchgesetzt, dass die allgemeinen Konjunkturrisiken zugenommen haben.
Volatile Handelsströme
Schließlich hieß es in dem Kommuniqué, dass die hohe Schwankungsanfälligkeit der Handelsbilanz zuletzt großen Einfluss auf die Daten hatte. So führte im zweiten Quartal der tiefe Einbruch bei Einfuhren dazu, dass die Wachstumsrate des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 4,99% höher ausfiel. Gleichwohl habe sich „das Wachstum in der ersten Jahreshälfte abgeschwächt“, schrieben die Notenbanker. Nach der FOMC-Sitzung im Juni hatten die Währungshüter noch einen optimistischeren Ton angeschlagen und von einer „soliden Expansion“ gesprochen.
Zwar betonte Powell, dass er und seine Kollegen noch zwei Monate an Inflations- und Arbeitsmarktdaten verarbeiten werden, ehe der Ausschuss das nächste Mal zusammentritt. Gleichwohl halten viele Analysten eine Senkung des Tagesgeldsatzes um 25 Basispunkte für wahrscheinlich. Wie aus dem aktualisierten FedWatch Tool der CME Group hervorgeht, ist im September die Chance einer fortgesetzten Zinspause jedoch nun etwas größer als die Wahrscheinlichkeit einer Lockerung.
Debatte um potenziellen Nachfolger
Verstärkte Aufmerksamkeit wird in den kommenden Wochen insbesondere der Debatte um die Powell-Nachfolge gelten. Trump wiederholte am Mittwochabend seine Forderung nach Zinssenkungen. Christopher Waller und Michelle Bowman, die sich gegen den Mehrheitsbeschluss von 9 zu 2 stemmten, hatte Trump während seiner ersten Amtszeit nominiert. Einige Fed-Beobachter glauben, dass Wallers demonstrativer Widerstand womöglich dazu dienen soll, seine Chancen auf den Notenbankvorsitz zu erhöhen. Der Fed-Gouverneur vertritt die Ansicht, dass die Arbeitsmarktrisiken mittlerweile schwerer wiegen als die Teuerung. Auch glaubt er, dass die Zölle höchstens einen einmaligen, inflationären Effekt entfalten werden. Waller fordert schon seit Wochen eine Zinssenkung. Er galt auch ohnedies als einer der Favoriten für die Powell-Nachfolge und könnte nun bessere Karten haben als die übrigen Anwärter auf den Top-Job bei der Fed.
Inflation steigt
Unterdessen bestätigen die ersten Daten nach der Sitzung den Trend zu geringerer Teuerung, die aber oberhalb des Inflationsziels der Notenbank verharrt. Wie das Handelsministerium meldete, kletterten die am PCE-Index gemessenen Preise im Juni gegenüber dem Vormonat um 0,3% und auf Jahressicht um 2,6%. Die Kernrate legte auch um 0,3% und gegenüber dem Vorjahr um 2,8% zu. Ökonomen hatten bei den Jahresraten Werte von 2,5% und 2,7% vorausgesagt. Zudem berichtete das Arbeitsministerium, dass im zweiten Quartal die Arbeitskosten gegenüber der vorigen Periode saisonbereinigt um 0,9% und auf Jahressicht um 3,6% stiegen.