Denkfabrik

Forderungen nach einem „grünen Fiskalpakt“

Der einflussreiche Thinktank Bruegel plädiert dafür, Klimainvestitionen künftig aus den europäischen Verschuldungsregeln herauszunehmen. Mit einem „grünen Fiskalpakt“ könnten die Klimaziele der EU erreicht werden.

Forderungen nach einem „grünen Fiskalpakt“

ahe Brüssel

In der Debatte um eine Reform der europäischen Haushaltsregeln plädiert der einflussreiche Brüsseler Thinktank Bruegel dafür, einen „grünen Fiskalpakt“ einzuführen, damit die EU ihre Klimaziele erreichen kann. In einer Analyse, die als Diskussionsbeitrag für das an­stehende EU-Finanzministertreffen gedacht ist, empfiehlt Bruegel dabei insbesondere die Einführung einer „grünen goldenen Regel“, die öffentliche Nettoinvestitionen in den Klimaschutz von den Defizit- und Schuldenberechnungen ausschließt.

So sollen Anreize für die notwen­digen staatlichen Investitionen geschaffen werden. „Ohne die Möglichkeit einer Defizitfinanzierung wird die EU ihr Ziel der Klimaneutralität nicht erreichen, und die Haushaltskonsolidierung wird aufgrund volkswirtschaftlicher Zwänge zulasten der Investitionen gehen“, heißt es in der Studie unter Verweis auf die Erfahrungen früherer Krisen. Vergangene Konsolidierungsphasen hätten zu erheblichen Kürzungen der öffentlichen Investitionen geführt. Nun gehe es aber darum, die Klimainvestitionen deutlich zu erhöhen. Bruegel bezifferte den jährlichen zusätzlichen öffentlichen Investitionsbedarf zur Erreichung der EU-Klimaziele in diesem Jahrzehnt auf 0,5% bis 1,0% des Bruttoinlandsprodukts (BIP).

Eine weitere Lockerung der europäischen Haushaltsregeln sei über die Einführung der neuen „grünen goldenen Regel“ nicht erforderlich, schreibt Bruegel weiter. „Unsere Simulationen zeigen, dass die Haushaltskonsolidierung bei einer flexiblen Auslegung der EU-Vorschriften nach ihrer Wiedereinsetzung ab 2023 in moderatem Tempo erfolgen kann.“

Die Brüsseler Denkfabrik verweist allerdings darauf, dass finanzschwache Länder sich derzeit bei ihren grünen Investitionen auf Gelder aus dem EU-Wiederaufbaufonds verlassen sollten. Diese Länder dürften und könnten Risiken für Haushaltszwänge nicht ignorieren, hieß es. Ergänzt werden müsste der „grüne Fiskalpakt“ zudem durch Anreize für private Investitionen durch „angemessene Besteuerung und Regulierung“. Bruegel warnte vor einem zu schnellen Tempo der anstehenden Haushaltskonsolidierung. Eine Konsolidierung, wie sie nach der weltweiten Finanz- und nachfolgenden Eurokrise 2007 durchgeführt wurde, könne das Produktionspotenzial beeinträchtigen und eine neue Rezession auslösen und sollte daher vermieden werden. Die EU-Finanzminister werden am Freitag und Samstag bei ihrem Treffen im slowenischen Kranj einen ersten Meinungsaustausch über eine Reform der Haushalts- und Verschuldungsregeln führen.

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