Regierungskrise

Frankreich wird zum kränkelnden Mann Europas

Frankreich ist in eine Regierungskrise geschlittert. Die Finanzmärkte reagieren unruhig: Aktienkurse fallen, die Renditen der Staatsanleihen steigen.

Frankreich wird zum kränkelnden Mann Europas

Regierungskrise in Paris alarmiert Investoren

Anleiherenditen fast auf italienischem Niveau – Bankaktien brechen ein

wü/das Paris/Frankfurt

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Die Regierungskrise in Frankreich hat die Finanzmärkte in Aufruhr versetzt. Der Pariser Leitindex CAC 40 knickte am Dienstag zeitweise um mehr als 2% ein und zog andere europäische Märkte in Mitleidenschaft. Gleichzeitig wird es für den französischen Staat teurer, sich Geld an den internationalen Finanzmärkten zu leihen: Die Rendite zehnjähriger französischer Staatsanleihen liegt mittlerweile in der Nähe von italienischen Bonds.

Investoren reagierten verunsichert auf die Ankündigung von Frankreichs Premierminister François Bayrou, der wegen Kritik an seinem Haushaltsentwurf und drohenden Protesten die Vertrauensfrage stellen will. Da fast alle Oppositionsparteien am 8. September gegen ihn stimmen wollen, scheint das Ende der Regierung besiegelt. Präsident Emmanuel Macron könnte dann erneut Parlamentswahlen ansetzen oder einen neuen Premierminister ernennen. So oder so dürfte sich die Haushaltsdebatte verzögern.

Die Auswirkungen der Regierungskrise waren an der Pariser Börse deutlich ablesbar, besonders bei den Großbanken: Besonders hart traf es dabei die Société Générale mit einem Minus von zeitweise 9%. Crédit Agricole und BNP Paribas büßten mehr als 7% ein. Weitere Verlierer waren der Versicherungsriese Axa und der Infrastruktur- und Baukonzern Vinci.

Die Rendite zehnjähriger französischer Staatsanleihen stieg auf 3,54% und hat sich damit bis auf 9 Basispunkte an jene von Italien angenähert, dem früheren Sorgenkind Europas. Vor zwei Jahren lag der Abstand noch bei etwa 150 Basispunkten. Zum Vergleich: Bei zehnjährigen deutschen Anleihen lag die Rendite bei 2,77% – die Anleger verlangen also eine Prämie von 77 Basispunkten für ihr Investment in französische Bonds.

In zwei Wochen könnten die Renditen französischer Schuldtitel die italienischer übersteigen, warnte Wirtschaftsminister Eric Lombard. Die Verschuldung sei jedoch tragbar und die Refinanzierung laufe gut. Die Staatsverschuldung betrug zuletzt 113% des Bruttoinlandprodukts (BIP), das Haushaltsdefizit 5,8%. Damit war Frankreich letztes Jahr das Schlusslicht der Eurozone. Mit einem Wirtschaftswachstum von 0,3% im zweiten Quartal stand Frankreich jedoch besser da als Deutschland mit –0,3%.