Einkaufsmanagerindex

Frühjahrsbelebung trägt nicht mehr weiter

Die Frühjahrsbelebung hat sich im Juni nicht weiter fortgesetzt: Die Unternehmensstimmung im Euroraum hat sich kräftig eingetrübt, das Wachstum ist fast zum Stillstand gekommen und die Perspektiven sind alles andere als rosig.

Frühjahrsbelebung trägt nicht mehr weiter

Frühjahrsbelebung trägt nicht mehr weiter

Rückgang des Einkaufsmanagerindex breit basiert – Preisdruck lässt weiter nach

ba Frankfurt

Die Frühjahrsbelebung der Euro-Wirtschaft ist im Juni wegen der anhaltend hohen Inflation, der steigenden Zinsen und der mauen Weltkonjunktur bereits wieder abgeflaut. Die vorläufigen Ergebnisse des Einkaufsmanagerindex (PMI) für die Privatwirtschaft zeigen, dass das Wirtschaftswachstum im gemeinsamen Währungsraum fast zum Stillstand gekommen ist, nachdem die Geschäfte der Dienstleister weniger schnell wachsen und sich die Schwäche im verarbeitenden Gewerbe verstärkt hat, wie S&P Global am Freitag mitteilte. Dass der Industrie und Dienstleister zusammenfassende PMI Composite unerwartet kräftig um 2,5 auf 50,3 Punkte gefallen ist, dürfte die ohnehin zunehmenden Konjunktursorgen weiter schüren. Ökonomen hatten lediglich einen Rückgang auf 52,5 Zähler vorausgesagt. Der Indikator liegt nur mehr knapp über der Wachstumsschwelle von 50 Punkte – erst Werte darüber signalisieren Expansion. Die bislang für das zweite Halbjahr von zahlreichen Ökonomen erwartete Erholung wird damit immer unwahrscheinlicher.

Auftragseingang und Geschäftsaussichten fielen laut S&P Global im Juni zurück, der Stellenaufbau verlangsamte sich erneut. Der Inflationsdruck schwächte sich hingegen spürbar ab, was den Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) aufhorchen lassen dürfte. Seit der Zinswende im vergangenen Sommer stemmt sich die EZB – ebenso wie andere große Notenbanken – in einem beispiellosen Zinserhöhungskurs gegen die hohe Inflation. Die EZB hat den Leitzins mittlerweile um 400 Basispunkte nach oben geschraubt – diese geldpolitische Straffung kommt nun in der Realwirtschaft an und bremst die Konjunktur nach und nach ab. Da neben der EZB auch alle anderen westlichen Notenbanken die Zinsen massiv angehoben haben, „besteht kaum Hoffnung, dass der zu erwartende Rückgang der Binnennachfrage durch eine nachhaltige Belebung der Exporte kompensiert wird, zumal die Aufwertung des Euro die preisliche Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft im Euroraum verschlechtert hat“, sagte Commerzbank-Ökonom Christoph Weil.

„Da ein Großteil der Auswirkungen der EZB-Zinserhöhungen noch nicht absehbar ist, wäre es besser, wenn die EZB bald eine Pause einlegen und die Wachstums- und Inflationsaussichten neu bewerten würde“, mahnte Berenberg-Chefvolkswirt Holger Schmieding. Die Projektionen der EZB sehen für 2023 ein Wachstum von 0,8% und für 2024 von 1,5% vor, wohingegen die EU-Kommission in ihrer Frühjahrsprognose von Mai noch ein Wachstum von 1,1% und 1,6% prognostiziert. „Nachdem das BIP in der Eurozone im ersten Quartal das zweite Mal in Folge gefallen war, ist die Wahrscheinlichkeit etwas gestiegen, dass im laufenden Quartal die BIP-Veränderung erneut ein negatives Vorzeichen tragen wird“, kommentierte Cyrus de la Rubia, Chefvolkswirt des S&P-Partners Hamburg Commercial Bank (HCOB).

Stärkstes Minus in Frankreich

Der Rückgang des PMI war breit basiert, am stärksten betroffen war aber Frankreichs Wirtschaft: Laut S&P sank hier die Wirtschaftsleistung erstmals seit Januar, auch wegen der Streiks gegen die Rentenreform. Das Barometer fiel von 51,2 auf 47,3 Punkte und damit den niedrigsten Stand seit Anfang 2021 – und unter die Wachstumsschwelle. Abwärts ging es sowohl in der Industrie als auch im Servicesektor. Den Rückgang des deutschen PMI Composite um 3,1 auf 50,8 Punkte führt S&P auf die geringere Dynamik im Servicesektor und den beschleunigten Rückgang der Industrieproduktion zurück. Die übrigen von der Umfrage erfassten Länder vermeldeten wegen kräftiger Produktionseinbußen in der Industrie und der Abkühlung im Servicesektor das schwächste Wachstum seit fünf Monaten.

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