Globale Besteuerung

G7-Staaten einigen sich auf weltweite Mindeststeuer

Die sieben führenden Industrieländer haben sich in London auf eine globale Mindeststeuer für Großkonzerne geeinigt, die auch auf digitale Dienstleistungen fällig wird. Nun müssen sie die G20-Staaten überzeugen.

G7-Staaten einigen sich auf weltweite Mindeststeuer

Globale Konzerne allgemein und speziell die großen Digitalkonzerne wie Apple, Facebook oder Google sollen nach dem Willen der führenden Industrienationen künftig weltweit mindestens 15% Steuern zahlen. Nach jahrelangen Verhandlungen einigten sich die Finanzminister der G7-Staaten am Samstag in London auf eine globale Steuerreform. Neben der Mindeststeuer soll auch dafür gesorgt werden, dass Großkonzerne künftig dort Steuern zahlen, wo sie ihre Umsätze machen, wie aus einer gemeinsamen Erklärung der G7 hervorgeht. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) sprach von einer „Steuerrevolution“. Das Grundgerüst für eine weltweite Steuerreform steht, hieß es. Der Durchbruch gilt als wichtige Grundlage für eine weitere Einigung der G20-Staaten.

Ziel ist es, die multinationalen Konzerne stärker zur Kasse zu bitten. Bisher werden Unternehmensteuern nur am Firmensitz fällig, aber nicht in den Ländern, wo die Konzerne aktiv sind, was bei den Digitalunternehmen in fast der ganzen Welt der Fall ist. Das führte dazu, dass viele Unternehmen ihren Firmensitz in Länder mit niedrigeren Unternehmensteuern verlagerten.

„Die sieben wichtigsten Industrienationen haben sich heute hinter das Konzept einer Mindestbesteuerung für Unternehmen gestellt“, sagte Scholz. „Das ist eine sehr gute Nachricht für die Steuergerechtigkeit und die Solidarität, und eine schlechte Nachricht für Steueroasen in aller Welt.“ Konzerne könnten sich nun nicht mehr ihrer Steuerpflicht entziehen. Nach den Plänen der G7 sollen Konzerne mit einer Gewinnmarge von mehr als zehn Prozent künftig auch dort steuerpflichtig werden, wo sie ihre Umsätze machen. Die über diese Marge hinausgehenden Gewinne sollen zu 20% in den jeweiligen Ländern versteuert werden.

Der Gastgeber und britische Finanzminister Rishi Sunak bezeichnete die Einigung wie Scholz als „historisch“ und erklärte, die Reform mache das Steuersystem „fit für das globale digitale Zeitalter“. Sein französischer Amtskollege Bruno Le Maire sprach auf Twitter von einer ambitionierten Einigung, auf die man nach vierjährigem Einsatz für das Thema stolz sein könne. Zugleich sagte er, der Kampf werde weitergehen. „Das ist ein Anfangspunkt und in den kommenden Monaten werden wir uns dafür einsetzen, dass die Mindeststeuer so hoch wie möglich ist.“

Yellen brachte neuen Schwung in die Debatte

Die neue US-Finanzministerin Janet Yellen hatte Schwung in die seit Jahren stockenden Gespräche gebracht – unter anderem zunächst mit ihrem Vorschlag einer Mindeststeuer von 21%, den sie dann im Laufe der politischen Debatte auf 15 Prozent nach unten korrigierte. In den USA haben die größten Internet-Firmen ihren Sitz. Yellen sagte, die Mindeststeuer könne den Wettlauf vieler Staaten zu immer niedrigeren Steuersätzen beenden, der die vergangenen 30 Jahre geprägt habe. Der Wettbewerb zwischen Staaten werde so fairer. Ein US-Regierungsvertreter ergänzte, durch die Vereinbarung falle der Grund für nationale Digitalsteuern weg, die vor allem US-Konzerne treffen. Es werde in den nächsten Monaten weitere Verhandlungen dazu auf Ebene der Finanzminister und der Regierungschefs geben.

Neben Großbritannien, Frankreich und Deutschland sind auch die USA, Italien, Japan und Kanada Mitglieder der G7, wie sich die Gruppe sieben führender demokratischer Wirtschaftsmächte nennt. In den vergangenen Jahren hatte es bereits mehrfach – auch auf EU-Ebene – Anläufe für eine solche internationale auch die digitale Welt umfassende Steuer gegeben, die allerdings nie zum Durchbruch kamen.

G20-Staaten noch zu überzeugen

Im nächsten Schritt gilt es nun, die G20 – eine umfassendere Gruppe führender Wirtschaftsnationen – ins Boot zu holen. Gelegenheit dazu gibt es schon im kommenden Monat bei einem Treffen in Italien. Auch bei der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) wollen die Staaten für ihre Pläne werben.

Noch sträuben sich Länder mit niedrigeren Unternehmensteuern wie Irland gegen eine Mindeststeuer. In dem EU-Staat werden nur 12,5% Unternehmensteuer fällig, deshalb haben mehrere Großkonzerne dort einen Firmensitz. Sollte die Mindeststeuer wie geplant kommen, müsste Irland die Steuern erhöhen – oder es würden Strafen vonseiten der anderen Volkswirtschaften drohen.

Von der Besteuerung der Internetgiganten versprechen sich die G7-Staaten auch deutliche Mehreinnahmen. „Stabile Steuereinnahmen sind wichtig, damit Staaten ihre Aufgaben erfüllen können“, sagte Scholz. „Das wird nach der Corona-Pandemie noch dringlicher.“ Die meisten Staaten haben zur Bewältigung der Corona-Krise Schulden in Rekordhöhe aufgenommen, um Unternehmen und Arbeitnehmer finanziell zu unterstützen.

Der finanzpolitische Sprecher der FDP-Fraktion im Bundestag, Florian Toncar, begrüßte die Einigung und forderte eine schnelle Umsetzung auf globaler Ebene. „Wichtig ist, dass dabei nun auf Störfeuer wie eine nationale oder europäische Digitalsteuer verzichtet wird“, sagte Toncar der dpa. „Die Umsetzung einer globalen Mindeststeuer darf nicht an solchen Alleingängen scheitern.“

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.