US-Konjunktur

Gedämpfte Kauflaune bei US-Verbrauchern

Trotz deutlich nachlassenden Inflationsdrucks haben sich US-Verbraucher im Juni zurückgehalten und dem Einzelhandel nur ein geringes Umsatzplus beschert.

Gedämpfte Kauflaune bei US-Verbrauchern

US-Einzelhandel mit relativ flacher Umsatzentwicklung

Industrieproduktion schrumpft überraschend stark – Goldman Sachs hält Rezession für unwahrscheinlich

det Washington

Trotz der geringeren Inflation haben US-Verbraucher im Juni Zurückhaltung geübt. Wie das Census Bureau des Handelsministeriums berichtete, stiegen die Umsätze im Einzelhandel saisonbereinigt um nur 0,2%. Erwartet hatten Ökonomen eine Zunahme um 0,5%. Im Vorjahresvergleich legten die Verkaufszahlen um 1,5% zu. Ohne Berücksichtigung von Autos, Autoteilen und Benzin, die oft starken monatlichen Schwankungen unterliegen, kletterten die Umsätze um 0,3% und gegenüber dem Vorjahr um 3,9%. 

Experten waren gerade angesichts der deutlich niedrigeren Inflation von einem stärkeren Anstieg der Verkaufserlöse ausgegangen. Schließlich hatten die Verbraucherpreise im Juni auf Jahressicht um nur 3,0% zugelegt. Das ist der geringste Wert seit über zwei Jahren. Immerhin wurde als positiv hervorgehoben, dass die Umsätze den dritten Monat in Folge stiegen. Robuste Zuwächse wurden bei Online-Einzelhändlern, bei Gemischtwarenläden, im Möbelhandel und bei elektronischen Produkten festgestellt. Weniger als zuvor wurde von Kaufhäusern, Tankstellen und Heimwerkermärkten verkauft. Im Gastgewerbe, der einzigen Dienstleistungskomponente der Einzelhandelsstatistik, stiegen die Verkaufszahlen um 0,1% und verglichen mit Juni 2022 um 8,4% 

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Erik Norland, Senior Economist bei der CME Group, stellte einerseits fest, dass die Kernrate, die Autos und Benzin ausklammert, eine solide Zunahme aufwies. Gleichwohl deute der allgemeine Trend auf Stagnation in der Branche hin. Seit dem Ende der Corona-Pandemie „ist beim Einzelhandel eine Seitwärtsbewegung zu beobachten“, so Norland. Grund dafür sei, dass Konsumenten mehr Geld für Reisen und andere Dienstleistungen ausgeben, die von der Statistik nicht erfasst werden.

Unterdessen sorgte die US-Notenbank mit ihrem Monatsbericht zur Industrieproduktion für eine Enttäuschung. Wie die Fed meldete, schrumpfte die Fertigung im Juni den zweiten Monat in Folge um 0,5%. Im Mai war zunächst ein Rückgang um 0,2% gemessen worden, der nun kräftig nach unten revidiert wurde. Vorausgesagt hatten Bankvolkswirte einen gegenüber Mai unveränderten Wert. Unerwartet war auch, dass die Produktion im Juni um 0,4% unter dem Vorjahreswert lag.

Im verarbeitenden Gewerbe stellte die Notenbank einen Rückgang um 0,3% fest. Damit hat die Fertigung in der Branche in drei der letzten vier Monate nachgegeben. Auffallend war die geringere Leistung der Hersteller von Konsumgütern, bei denen die Fed ein Minus von 1,3% feststellte. Bei Energieversorgungsunternehmen wurde ein Produktionsrückgang um 2,6% und im Bergbau um 0,2% gemessen. Die Kapazitätsauslastung in der US-Industrie lag bei 78,9% und liegt damit um 0,8 Prozentpunkte unter dem langfristigen Durchschnittswert. 

Obwohl die Schwäche in der Industrie und der geringe Anstieg der Einzelhandelsumsätze enttäuschten, hat der Konjunkturoptimismus unter einigen Experten wieder zugenommen. So rechnet das Investmentunternehmen Goldman Sachs nicht mehr damit, dass die US-Wirtschaft in eine Rezession abgleiten wird. Als Gründe nannte Chefökonom Jan Hatzius den steigenden Verbraucheroptimismus, die niedrige Arbeitslosenquote und solides Wachstum von annualisierten 2,3%. „Die Daten haben unser Vertrauen darin gestärkt, dass auch ohne eine Rezession die Inflation auf ein akzeptables Niveau gedrückt werden kann“, so Hatzius. Folglich liege während der kommenden zwölf Monate die Wahrscheinlichkeit einer Rezession nur bei 20% und nicht wie bisher bei 25%.

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