Euro behauptet sich gegen geopolitische Spannungen
Euro behauptet sich gegen geopolitische Spannungen
Bedeutung im internationalen Währungssystem stabil – EZB warnt vor steigenden Risiken und will dennoch angreifen
mpi Frankfurt
Der Euro festigt seine Rolle als zweitwichtigste Währung der Welt nach dem Dollar. 2024 lag der Anteil der Gemeinschaftswährung an den weltweiten Devisenreserven bei rund 20%. Seit Beginn des russischen Angriffskrieges blieb dieser Wert nahezu unverändert, teilte die EZB am Mittwoch in ihrem Bericht zur internationalen Rolle des Euro mit. Nach Ansicht der Notenbank könnte dieser Seitwärtstrend angesichts einiger Risiken und Chancen jedoch bald gebrochen sein.
Als eine Gefahr für die Bedeutung des Euro stuft die EZB die zunehmenden geopolitischen Spannungen im Welthandel ein. Eine Fragmentierung in mehrere, jeweils ideologisch ähnlich gesinnte Blöcke könnte Einfluss auf die Nutzung von Devisen im internationalen Zahlungsverkehr haben. Noch ist dies laut EZB aber kaum der Fall. Die größten Veränderungen habe es zuletzt bei Russland, Belarus, Kirgistan und Usbekistan gegeben. In Folge des Krieges in der Ukraine und den damit verbundenen Sanktionen des Westens gegen Russland hat dort die Bedeutung des Dollar und teilweise auch des Euro als Handelswährung abgenommen. Global betrachtet bleibt der Anteil der beiden Währungen am Zahlungsverkehr im Welthandel jedoch recht konstant.

Dies könnte sich ändern. „Geopolitische Spannungen könnten die globale Landschaft des grenzüberschreitenden Zahlungsverkehrs zersplittern“, heißt es im EZB-Bericht. „In Zukunft ist es von entscheidender Bedeutung, die Währungsmuster bei der Rechnungsstellung im Welthandel zu beobachten, um potenzielle Kipppunkte zu erkennen, die merkliche Veränderungen auslösen könnten.“
Euro teilweise vor Dollar
Veränderungen dürften vor allem den Dollar treffen. Rund 40% aller Rechnungen im Welthandel werden in Dollar ausgestellt, sogar noch etwas mehr in Euro. Dass die Gemeinschaftswährung in diesem Aspekt vor der US-Währung liegt, ist darin begründet, dass der Außenhandel für die europäische Wirtschaft eine deutlich größere Rolle spielt als für die Vereinigten Staaten. Deren Devise wird aufgrund des Status als Weltleitwährung dennoch bei vielen Rechnungen weltweit verwendet. Rechnungen in Euro werden dagegen neben Europa vor allem in angrenzenden Regionen ausgestellt und weniger global. Insofern ist die Währung in diesem Punkt weniger anfällig für eine Fragmentierung – die europäische Wirtschaft dafür umso mehr.
Wie präsent der Dollar im internationalen Handel ist, zeigen auch neue Daten des europäischen Statistikamts Eurostat vom Mittwoch. Fast ein Drittel aller Exporte von EU-Mitgliedern in Länder außerhalb der Staatengemeinschaft werden in der US-Währung abgewickelt. Bei den Importen ist es sogar mehr als die Hälfte. Der Euro kommt hingegen nur bei rund 40% der Import-Rechnungen zum Einsatz.
EZB bewirbt digitalen Euro
Neben der Fragmentierung im Welthandel könnte laut EZB die zunehmende Bedeutung von Krypto-Währungen die internationale Rolle des Euro schwächen. „Krypto-Assets und Stablecoins machen im grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr Fortschritte“, stellt die Notenbank in ihrem Bericht fest.
Damit der Euro in einer Welt, in der Bargeld von der Bevölkerung immer weniger verwendet wird, nicht an Bedeutung verliert, braucht es laut EZB digitales Zentralbankgeld. „Der digitale Euro würde zur wirtschaftlichen Sicherheit Europas beitragen und die internationale Rolle des Euro stärken“, sagt EZB-Direktor Piero Cipollone. Zweites würde eine Spar- und Investmentunion in der Eurozone laut der Notenbank die Bedeutung der Gemeinschaftswährung erhöhen.
Angriff auf die Weltleitwährung
Äußerungen von mehreren EZB-Ratsmitgliedern wie Präsidentin Christine Lagarde deuten darauf hin, dass die EZB hofft, mit einem digitalen Euro und aufgrund der von US-Präsident Donald Trump ausgelösten Verwerfungen in den Vereinigten Staaten mittelfristig den Status des Dollar als Weltleitwährung anzugreifen.
Frederik Ducrozet, Leiter Makro bei Pictet Wealth Management, hält es für unwahrscheinlich, dass der Euro zur Weltleitwährung werden kann. „Selbst im besten Fall wird es Jahre dauern, bis der Euro den Dollar als Reservewährung herausfordern kann“, sagt er. „Und es ist unwahrscheinlich, dass er ihn ablösen wird.“
Euro wertet auf
Luca Paolini, Chefstratege von Pictet Asset Management, stimmt mit der EZB darin überein, dass es eine vollständige Kapitalmarktunion braucht, damit die Gemeinschaftswährung eine Chance hat, eines Tages Weltleitwährung zu werden. Den digitalen Euro betrachtet er hingegen nicht als großen Wurf, um die internationale Bedeutung der Gemeinschaftswährung zu erhöhen.
Ob der Euro den Dollar je als Weltleitwährung ablösen wird, ist fraglich. Die Politik Trumps führt aber zweifelsohne dazu, dass der Euro gegenüber der US-Währung aufwertet. Von Parität wie noch zum Jahreswechsel ist längst keine Rede mehr. Inzwischen notiert er bei über 1,14 Dollar. Paolini sieht das Ende dieser Entwicklung noch nicht erreicht. „Der Euro könnte noch weitere 2 bis 3% gegenüber dem Dollar aufwerten“, meint er.
Der starke Euro kann für exportorientierte Unternehmen zur Belastung werden. Insgesamt ist die Entwicklung laut Paolini für die hiesige Wirtschaft jedoch vorteilhaft. „Ein starker Euro ist immer positiv – umso mehr in Europa, wo die Verbraucher einen Vertrauensschub brauchen – ebenso wie eine niedrigere Inflation.“
Die EZB macht sich Hoffnung, dass der Euro international bedeutender wird und womöglich mittelfristig den Dollar als Leitwährung ablöst. In den jüngsten Daten zeichnet sich das nicht ab. Die Notenbank sieht in der Wirtschaftspolitik des US-Präsidenten Donald Trump jedoch Chancen für die Eurozone.