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Graeff wechselt von der EZB zu Credit Suisse

Von Mark Schrörs, Frankfurt, und Daniel Zulauf, Zürich Börsen-Zeitung, 2.7.2020 Die Europäische Zentralbank (EZB) und EZB-Chefin Christine Lagarde brauchen eine neue Kommunikationschefin und Sprecherin. Christine Graeff, die diesen Posten bislang...

Graeff wechselt von der EZB zu Credit Suisse

Von Mark Schrörs, Frankfurt, und Daniel Zulauf, ZürichDie Europäische Zentralbank (EZB) und EZB-Chefin Christine Lagarde brauchen eine neue Kommunikationschefin und Sprecherin. Christine Graeff, die diesen Posten bislang innehatte, wechselt zum 1. Januar 2021 zur Schweizer Großbank Credit Suisse und wird dort Leiterin der Unternehmenskommunikation und stellvertretende Personalchefin, wie die Bank und die EZB gestern mitteilten. Wie die EZB weiter wissen ließ, wurde die 47-Jährige mit sofortiger Wirkung von allen Aufgaben entbunden – auch um eine angemessene Cooling-off-Phase zu gewährleisten. Schwieriges VerhältnisIn den vergangenen Monaten war in Notenbankkreisen immer wieder über einen Abgang Graeffs spekuliert worden. Mitunter war auch von Schwierigkeiten im Verhältnis von Lagarde und Graeff die Rede. Graeff wies das gestern gegenüber der Börsen-Zeitung explizit zurück. “Christine Lagarde ist ein Vorbild für viele Frauen – und auch für mich”, sagte sie. An der neuen Aufgabe reize sie insbesondere die Kombination aus Kommunikation und Human Ressources, verriet sie.In der gestrigen Mitteilung der EZB lobten sich Lagarde und Graeff gegenseitig. “Christine Graeff hat die Kommunikation der EZB durch sehr herausfordernde Zeiten geführt”, ließ sich Lagarde zitieren. “Meine Zeit bei der EZB hat es mir ermöglicht, ein Lebensziel zu erfüllen, nämlich für Europa zu arbeiten, und ich möchte den beiden Präsidenten, denen ich gedient habe, und meinem Team meinen aufrichtigen Dank aussprechen”, so Graeff.Graeff war 2013 unter Lagarde-Vorgänger Mario Draghi zur EZB gewechselt. Sie sollte vor allem für ein besseres Verhältnis zwischen dem Italiener und der deutschen Öffentlichkeit zu sorgen. Tatsächlich hat sich dieses Verhältnis aber immer weiter verschlechtert, auch weil die EZB in den Krisen mehrfach frühere Tabus brach. Einer breiteren Öffentlichkeit ist Graeff vor allem auch bekannt, weil sie alle sechs Wochen die Pressekonferenz mit aktuell Lagarde und EZB-Vizepräsident Luis de Guindos nach den geldpolitischen Sitzungen des EZB-Rats leitete. Als Generaldirektorin Kommunikation nahm sie auch an den Sitzungen des obersten EZB-Gremiums teil.In Notenbankkreisen wurde gestern spekuliert, dass Lagarde hinsichtlich eines Nachfolgers oder einer Nachfolgerin zunächst außerhalb der EZB suchen könnte – zumal sie in der EZB bereits viel verändert. Zugleich wirkt die 64-Jährige, die als erste Nicht-Notenbankerin an die EZB-Spitze gerückt ist, mitunter immer noch nicht richtig angekommen in der EZB. Das könnte ein Argument sein, jemanden aus der Notenbank zu wählen.Ein sehr gutes Verhältnis zu Lagarde wird ihrem Chefberater, dem Deutschen Roland Straub, nachgesagt. Der Ökonom dürfte aber kaum ein Interesse an dem Job haben. Die stellvertretenden Leiter der Generaldirektion Kommunikation sind Thierry Bracke und Conny Lotze. Bracke ist derzeit mit der EZB-Strategieüberprüfung befasst, Lotze kümmert sich um die Kommunikation der EZB-Bankenaufsicht SSM. Lotze war früher beim IWF, von wo auch Lagarde Ende 2019 zur EZB wechselte.Bei der Credit Suisse wartet auf Graeff nun auch keine leichte Aufgabe. Sie folgt auf Adam Gishen, der im Februar im Zuge der Beschattungsaffäre um das ehemalige Geschäftsleitungsmitglied Iqbal Khan (inzwischen bei UBS) seinen Hut nehmen musste. Gishen war ein enger Vertrauter von Konzernchef Tidjane Thiam, den die rufschädigende Episode ebenfalls den Job gekostet hatte. Während Gishen die Unternehmenskommunikation primär als Investorenkommunikation verstanden hatte und in der stark öffentlichkeitswirksamen Khan-Affäre hilflos agierte, scheint die Berufung Graeffs wieder stärker ein breiteres Verständnis von Kommunikation zu unterstreichen.Graeff wird nun also Leiterin der Unternehmenskommunikation und stellvertretende Personalchefin. “Wir müssen unser ganzes Potenzial nutzen, um die Kommunikation und das Personalmanagement konsistent auf die gleiche Linie zu bringen”, ließ sich Personalchefin Antoinette Poschung mit Blick auf den von der Bank verfolgten Best-in-Class-Anspruch zitieren. Die Kritik an der bisherigen kommunikativen Leistung des Unternehmens ist auch hinter der reichlich verklausulierten Formulierung nicht zu überlesen. Im kommenden Jahr wird in der Schweizer Großbank auch ein neuer Verwaltungsratspräsident erwartet. Der bisherige Präsident Urs Rohner steht 2021 für eine Wiederwahl nicht mehr zur Verfügung. Einen Kandidaten für den Job hat der Verwaltungsrat bislang noch nicht kommuniziert.