Handelskrieg gefährdet bis zu 25.000 Industrie-Jobs
Allianz sieht wegen Handelskrieg bis zu 25.000 Jobs in Gefahr
ba Frankfurt
In der deutschen Industrie sind wegen des Handelskriegs zwischen den USA und China 17.000 bis 25.000 Jobs in Gefahr, falls es zu keiner bilateralen Einigung kommt. Der Kreditversicherer Allianz Trade erwartet, dass in diesem Fall Chinas Exporteure ihre Waren statt in die USA zunehmend in die europäischen Märkte und insbesondere nach Deutschland liefern würden. Ohne bilaterale Einigung dürften sich Chinas Exportverluste in die USA auf bis zu 239 Mrd. Dollar belaufen. In den nächsten drei Jahren könnten 14% der chinesischen Exportverlagerungen in Deutschland landen, knapp 20% in anderen EU-Ländern. Das entspricht Waren im Wert von 33 bzw. 47 Mrd. Dollar.
Wegen der aktuellen Importmuster und der regionalen industriellen Struktur seien vor allem Jobs in Regionen wie Oberfranken und Tübingen mit einer hohen Dichte an Unternehmen in der Textil- und Computerindustrie sowie der Raum Freiburg (Computer und Metalle) am meisten gefährdet. Aber auch in anderen Regionen und im Ausland nehme die Konkurrenz zu. „Besonders stark gefährdet sind der Maschinenbau, die Textilindustrie, nichtmetallische Mineralprodukte, Elektronik, Computer und Kraftfahrzeuge", erklärte Jasmin Gröschl, Volkswirtin bei Allianz Trade. Das sind rund 0,2 bis 0,3% der aktuellen Gesamtbeschäftigung der hiesigen Industrie.
Der Allianz-Studie zufolge variieren aber die drohenden Arbeitsplatzverluste je nach Exposition und Bedeutung des jeweiligen Sektors für den Gesamtarbeitsmarkt. Im Maschinen- und Ausrüstungssektor, in dem besonders viele Angestellte arbeiten, könnten 13.000 bis 19.000 Jobs verloren gehen. Das entspricht rund 1% der aktuellen Arbeitsplätze. Bei den nichtmetallischen Mineralprodukte stehen ebenfalls bis zu 1% der derzeitigen Jobs im Feuer. Da hier die Gesamtbeschäftigung aber deutlich geringer ist, fällt die absolute Anzahl der bedrohten Arbeitsplätze mit 1.200 bis 1.800 insgesamt wesentlich kleiner aus. Im ebenfalls kleineren, aber stark exponierten Textilsektor sind 2% beziehungsweise 2.200 bis 3.300 Jobs in Gefahr.
Handelskrieg bremst Wachstum
Der Handelskrieg dürfte das deutsche Wirtschaftswachstum in den kommenden drei Jahren um insgesamt rund 1,5 Prozentpunkte schmälern. Mit 1,3 Prozentpunkten gehe der größte Anteil der Einbußen auf das direkte Konto der Zölle, heißt es bei Allianz Trade. Der Kreditversicherer erwartet für das laufende Jahr ein BIP-Wachstum von 0,1%, das sich in den beiden Folgejahren auf 1,6% und 2% beschleunigen dürfte. „Mit dem intensiven chinesischen Wettbewerb dürften in den kommenden drei Jahren weitere Einbußen von rund 0,2 Prozentpunkten hinzukommen, sodass die deutsche Wirtschaft 2025 voraussichtlich sogar erneut stagnieren dürfte“, betonen die Volkswirte allerdings.
Positive Aspekte – wenngleich in eher überschaubarem Ausmaß – zeige der Handelskrieg bei der Inflation, die von 2025 bis 2027 um insgesamt rund 0,5 Prozentpunkte sinken dürfte. Aktuell liegen die Prognosen für 2025 und 2026 bei einer Teuerungsrate von jeweils 1,9% sowie von 2% im Jahr 2027. „Unternehmen dürften immerhin bei den Einkaufspreisen profitieren, denn der Zustrom an Waren aus China verbilligt auch viele Vor- und Zwischenprodukte“, heißt es weiter. Das führe zumindest in diesem Bereich teilweise zu höheren Unternehmensmargen, „auch wenn es die Verluste bei der Wertschöpfung von Endprodukten nicht kompensieren kann“.
Unternehmen sind robust
Hoffnung zieht Milo Bogaerts, CEO von Allianz Trade in Deutschland, Österreich und der Schweiz, aus der „erwiesenen Robustheit der deutschen Unternehmen“. Sie seien stärker als viele glaubten – und widerstandsfähiger als die nackten Produktionszahlen glauben machten. Das zeige etwa die industrielle Bruttowertschöpfung und die Rentabilität. Die starke Konkurrenz aus China sei nicht neu, denn chinesische Unternehmen hätten in den letzten fünf Jahren sukzessive Marktanteile in Europa erobert. "Trotzdem hat sich die industrielle Bruttowertschöpfung – also das, was am Ende bei den Unternehmen hängen bleibt – vergleichsweise gut gehalten. Das zeigt, wie anpassungsfähig deutsche Unternehmen sind.“