Deutsche Konjunktur

Herbstbelebung am Arbeitsmarkt läuft aus

Die Konjunkturflaute bremst den deutschen Arbeitsmarkt und drückt auf die Konsumstimmung. Trotz höherer Reallöhne sinken die Einzelhandelsumsätze.

Herbstbelebung am Arbeitsmarkt läuft aus

Herbstbelebung am deutschen Jobmarkt klingt langsam aus

Arbeitslosigkeit sinkt – Höchster Anstieg der Reallöhne in diesem Jahr – Zahlung mit Bargeld und Girocard für den Einzelhandel am günstigsten

ba Frankfurt

Der deutsche Arbeitsmarkt bewegt sich im November seitwärts, zu Jahresbeginn aber dürfte die anhaltende Konjunkturflaute die Arbeitslosenzahl über die 3 Millionen-Schwelle treiben. Der weiter nachlassende Rückenwind vom Arbeitsmarkt sorgt auch dafür, dass die Konsumlaune der Verbraucher gedämpft bleibt. Das zeigt sich auch in den sinkenden Einzelhandelsumsätzen. Und dies, obwohl die Reallöhne so stark gestiegen sind wie noch nie in diesem Jahr, und mittlerweile wieder das Vor-Corona-Niveau erreicht haben.

Schwunglos

„Der Arbeitsmarkt bleibt ohne Schwung“, kommentierte Andrea Nahles, Chefin der Bundesagentur für Arbeit (BA), den Rückgang der Arbeitslosenzahl um 26.000 zum Vormonat auf 2,885 Millionen. Die Arbeitslosenquote sank mit der auslaufenden Herbstbelebung um 0,1 Prozentpunkte auf 6,1%. Saisonbereinigt gab es 1.000 mehr Arbeitslose als im Oktober, die Arbeitslosenquote verharrte entsprechend bei 6,3%. „Die Zahl der Beschäftigten stagniert und die Arbeitskräftenachfrage bleibt verhalten“, ergänzte Nahles.

Keine Begeisterung für verlängertes Kurzarbeitergeld

Angesichts der defizitären Haushaltslage der Behörde zeigt sich Nahles wenig begeistert über die von der Bundesregierung geplante erneute Verlängerung der Bezugsdauer des Kurzarbeitergeldes von zwölf auf 24 Monate um ein weiteres Jahr bis Ende 2026. Dies würde mit zusätzlichen 100 bis 180 Mill. Euro zu Buche schlagen. Zuletzt stieg die Kurzarbeit: 209.000 Beschäftigte erhielten im September laut aktuellsten Daten konjunkturelles Kurzarbeitergeld. Das sind 37.000 mehr als im August.

„Ein überraschend positives Ergebnis“, beurteilt ING-Chefökonom Carsten Brzeski den Arbeitsmarktbericht. Ein Wendepunkt sei dies aber noch nicht, sagt er mit Blick auf die sinkenden Beschäftigungspläne von Industrie und Dienstleistern. „Ankündigungen potenzieller Kostensenkungsmaßnahmen in der Automobilindustrie und anderen Branchen sowie der anhaltende Anstieg einiger Insolvenzen deuten darauf hin, dass sich die Lage noch verschlechtern könnte, bevor sie sich verbessert.“ Dies würde auch die Erholung des privaten Konsums „deutlich erschweren“.

Dämpfer für den Einzelhandel

Im Oktober, also kurz vor dem Start des wichtigen Weihnachtsgeschäfts, gaben die Einzelhandelsumsätze unerwartet preisbereinigt um 0,3% zum Vormonat nach, wie das Statistikamt Destatis mitteilte. Ökonomen hatten nach dem Plus von revidiert 0,3 (zuvor: 0,2)% im August allerdings einen erneuten Anstieg erwartet, und zwar von 0,2%. Dabei konnte allein der Einzelhandel mit Lebensmitteln die Erlöse steigern, wohingegen die Umsätze im Internet- und Versandhandel sowie mit Nicht-Lebensmitteln nachgaben. „Das nahende Weihnachtsfest dürfte die verhaltene Grundstimmung kaum heben“, erwartet Alexander Krüger, Chefvolkswirt der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank.

Der Einzelhandel macht im Weihnachtsgeschäft, als dessen Auftakt der Black Friday gilt, im Schnitt ein Fünftel des gesamten Jahresumsatzes. Der HDE erwartet für November/Dezember ein Umsatzplus von nominal 1,5%, was inflationsbereinigt einer Stagnation entspricht. In einer Ifo-Umfrage zeigten sich die Einzelhändler aber wenig hoffnungsfroh: Nur jeder Zehnte hofft auf einen guten Verlauf des Weihnachtsgeschäfts.

Geringverdiener profitieren am meisten

Und dies, obwohl die Nominallöhne im dritten Quartal mit 4,9% zum Vorjahr stärker zugelegt haben als die Verbraucherpreise mit 2,3%. Das sich ergebende Reallohnplus von 2,7% „war der bislang höchste Anstieg in diesem Jahr“, betonten die Wiesbadener Statistiker. Dabei verzeichneten die Geringverdienenden erneut die prozentual kräftigsten Nominallohnerhöhungen.

Vor allem die Höhe des Lohnanstiegs überrascht Dominik Groll vom Kiel Institut angesichts der gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Er erwartet für das Gesamtjahr 2025 einen Reallohnanstieg von rund 2% – „ein im langjährigen Vergleich hoher Wert“, dem aber kein nennenswerter Anstieg der Arbeitsproduktivität gegenüberstehe. Ein Teil der Erklärung könnten hohe Abfindungszahlungen sein: „Vor allem die Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes befinden sich in einem tiefgreifenden Transformationsprozess mit teils umfangreichen Stellenabbauplänen.“ In den ersten drei Quartalen des Jahres 2025 seien im verarbeitenden Gewerbe mehr Stellen weggefallen als im gesamten Jahr 2024.

„Die privaten Haushalte legen lieber den Notgroschen zurück, als das Geld auszugeben“, sagt Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank angesichts der zunehmenden Jobsorgen. In Summe dürfte deshalb der private Konsum im vierten Quartal keine großen Sprünge machen – nachdem er bereits im Sommerquartal um 0,3% gesunken war und damit das Wachstum gebremst hat.

Zahlung mit Bargeld und Girocard für den Einzelhandel am günstigsten

Wird aber Geld ausgegeben, so dürfte der Einzelhandel die Zahlung in bar oder mit der Girokarte präferieren. Laut einer Studie der Bundesbank sind Barzahlungen mit durchschnittlich 43 Cent je Transaktion am günstigsten für die Händler. Gemessen am Umsatz ist die Girocard mit Kosten von knapp 1% der Erlöse die günstigste Variante. Internationale Debit- und Kreditkarten wie Mastercard und Visa sind in beiden Fällen mit bis zu 1 Euro je Transaktion bzw. 2,5% des Umsatzes teurer, da sie vor allem durch höhere Gebühren mehr Kosten für die Händler verursachen. Zudem seien Zahlungen für kleinere Händler teurer als für größere, vor allem bei bargeldlosen Zahlungen.

Denn größere Händler hätten mehr Verhandlungsmacht gegenüber den Zahlungsanbietern, sodass ihre Kosten je Transaktion und im Verhältnis zum Umsatz deutlich niedriger seien. Auch verteilten sich die Fixkosten auf eine größere Anzahl an Zahlungen und auf einen höheren Zahlungswert, da größere Händler über höhere Transaktions- und Umsatzvolumina verfügten, erklärte Bundesbank-Vorstand Burkhard Balz bei der Vorstellung der Studie. Mehr Wettbewerb im Markt für Bezahlverfahren, etwa durch die europäische Zahlungsalternative Wero oder perspektivisch den digitalen Euro, könnten die Kosten für den Handel senken.