CursivAltersvorsorge

"Hey, jetzt bin ich da, jetzt machen wir's"

Beim "Zukunftstag" debattierte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) in Berlin mit Jugendlichen über Altersversorgung und Vermögensaufbau – und stieß auf mehr Wissen als erwartet.

"Hey, jetzt bin ich da, jetzt machen wir's"

„Hey, jetzt bin ich da, jetzt machen wir’s“

Von Angela Wefers, Berlin

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) debattiert mit Jugendlichen am "Zukunftstag" über Rente und kapitalgedeckte Altersvorsorge.

„Es hilft nichts, in den Rückspiegel zu schauen“, konstatierte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) auf die Frage eines Jugendlichen, warum die Bundesregierung sich bei der Einführung von Kapitaldeckung in die Rentenversicherung so viel Zeit gelassen habe. Besser als ein ehrliche Antwort ist die Flucht nach vorn: „Hey, jetzt bin ich da, jetzt machen wir’s“, rief Lindner locker den Schülern und jungen Erwachsenen im großen Saal des Bundesfinanzministeriums zu. Jetzt solle keine weitere Zeit verloren gehen. Deutschland ist – im Vergleich zu Norwegen oder Schweden – beim Aufbau der kapitalgedeckten Altersvorsorge rund 20 Jahre im Rückstand.

Die Jugendlichen waren zu einem Workshop des „Zukunftstags“ ins Ministerium gekommen. In 400 Schulen in Deutschland konnten die Macher der Initiative für wirtschaftliche Jugendbildung in diesem Jahr diesen eintägigen „Crashkurs fürs Leben“ organisieren. Darin wird Grundwissen über Steuern, Finanzen, Wohnungssuche, Krankenkasse und Versicherungen vermittelt. Ökonomische und finanzielle Bildung soll so in die deutschen Schulen gelangen, solange die Lehrpläne diese Themen aussparen. Nur jeder sechste Deutsche ist finanziell kompetent, hatte eine Allianz-Studie vom Juli zutage gefördert.

„Das Sparbuch ist gefährlich“

Lindner konzentrierte sich auf die Themen Rente und Altersvorsorge. Für die gesetzliche Rente will er auf das von ihm so titulierte Generationenkapital bauen, die künftige Kapitaldeckungskomponente. Der Staat will über eine Stiftung mit einem unabhängigen Management, das innerhalb von Anlagegrundsätzen agiert, in den kommenden Jahren und Jahrzehnten sukzessive rund 200 Mrd. Euro am Kapitalmarkt anlegen. Aus der Rendite soll der Anstieg der Beiträge zur Rentenversicherung gebremst und das Rentenniveau bei 48% gehalten werden. Denn immer weniger Zahler im Umlagesystem müssen mehr Rentner finanzieren.

Kritikern, die ihm vorwerfen, mit der Rente werde künftig spekuliert, hält Lindner klipp und klar entgegen: „Ganz falsch!“ Kapitalanlage sei nichts besonders Riskantes. Riskant wäre es für das Rentensystem, nichts zu tun. Die Riester-Rente als Teil der privaten Vorsorge müsse „noch optimiert“ werden, etwa indem ETFs als Anlagemöglichkeit zugelassen werden, stellte Lindner in Aussicht. Vor allem gehe es ihm um das Verständnis für den Finanzmarkt. „Ich möchte, dass mehr Menschen erkennen, dass der Kapitalmarkt nichts Gefährliches ist“, sagte er. Im Gegenteil: „Das Sparbuch ist gefährlich“, fuhr er fort – unter Hinweis auf die Geldentwertung durch die Inflation, die durch die derzeitige Verzinsung nicht ausgeglichen werde.

Lindner in seinem Element

Lindner fühlte sich im Diskurs mit den jungen Bürgern in seinem Element. Während er im Vortrag noch den Kenntnistand über Umlageverfahren, Durchschnittsrente, Riester-Sparen oder Erfahrungen mit ETFs abtastete, bewiesen die Jugendlichen in der Diskussion mehr Sachverstand, als ihnen zugetraut worden war: Warum Deutschland in Brüssel nicht das drohende Verbot des „Payment for Order Flow“ verhindere, das Ordergebühren für Retail-Investoren verteuert; wie die Inflation gestoppt werde und wann die Döner-Preise sich normalisierten oder wie die Kapitaldeckung in der Rente vor politischer Einflussnahme geschützt werden kann. Lindner retournierte souverän. Am Ende bettelte er bei den Initiatoren um Zeit, weil das Interesse so groß war. Wer die Hand oben hatte und nicht zum Zuge gekommen war, den verwies er zum Diskurs auf Instagram – Antworten dürften kommen.

wf Berlin
BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.