Neue Statistik zu globalen Wertschöpfungsketten

Hohe Kosten vertreiben Unternehmen aus Deutschland

Vor allem wegen hoher Lohn-/Kosten kehren Unternehmen Deutschland den Rücken. Dabei gehen Jobs verloren, es werden aber auch neue geschaffen. Im Zentrum des Geschehens steht die Industrie.

Hohe Kosten vertreiben Unternehmen aus Deutschland

Hohe Kosten vertreiben Unternehmen aus Deutschland

Verlagerung kostet Jobs, bringt aber auch neue – Fachkräfte- und Auftragsmangel sinken leicht

ba Frankfurt

Der Standort Deutschland wird immer unattraktiver: Wegen hoher Lohn-/Kosten, dem Fachkräftemangel, aber auch strategischen Entscheidungen wandern immer Unternehmen ab – vor allem in andere Länder der Europäischen Union. Damit einher geht ein Netto-Stellenabbau, insbesondere in der schwächelnden Industrie. Als weiterer Bremsklotz gilt auch der Auftragsmangel aller Unternehmen, der im Oktober nur leicht zurückgegangen ist. Während sich die fehlenden Bestellungen bei den Dienstleistern immer stärker bemerkbar machen, sind die Klagen darüber in der Industrie weniger geworden und der Auftragsbestand legte sogar im September den zweiten Monat in Folge zu.

Verlagerung bringt auch neue Jobs

Laut dem Statistischen Bundesamt (Destatis) haben rund 1.300 Unternehmen mit mehr als 50 tätigen Personen zwischen 2021 und 2023 Unternehmensfunktionen ganz oder zumindest teilweise ins Ausland verlagert. Das waren 2,2% aller im Jahr 2023 in Deutschland ansässigen Unternehmen dieser Größe. Dabei wurden nicht nur 71.100 Stellen hierzulande abgebaut, sondern auch 20.300 Jobs neu geschaffen, etwa wegen Umschichtungen in andere Unternehmensfunktionen oder Neueinstellungen infolge von erzielten Kosteneinsparungen. Somit gingen in den Jahren von 2021 bis 2023 netto rund 50.800 Stellen in Deutschland verloren. Am stärksten betroffen war laut Destatis die Unternehmensfunktion „Produktion von Waren“. Hier wurden 26.100 Stellen abgebaut und 5.000 Stellen entstanden neu, sodass sich ein Netto-Stellenabbau von 21.100 ergibt.

Hauptargument Lohnkosten

Die Lohnkosten sind auch das Hauptargument, Deutschland zu verlassen. Dieses Motiv nannten 74% der Unternehmen, gefolgt von strategischen Entscheidungen der Konzernleitung (62%) oder anderen Kostenvorteilen abseits der Lohnkosten (59%). Der Fachkräftemangel im Inland vertrieb 38% der Unternehmen. Bei kleinen und mittelständischen Unternehmen hat sich die Fachkräfteknappheit einer KfW-Umfrage zufolge zu Beginn des vierten Quartals allerdings abgeschwächt – wenn auch von hohem Niveau aus. Alle großen Wirtschaftsbereiche sind betroffen, insbesondere aber der Dienstleistungssektor. Im Bau zeigte sich die anziehende Aktivität durch einen Anstieg der Personalknappheit.

Fachkräftemangel sinkt etwas

Im aktuellen Quartal sahen sich 25,8% aller Firmen in ihrer Geschäftstätigkeit von der Fachkräfteknappheit behindert. In den vergangenen drei Jahren hat sich laut KfW-Ifo-Fachkräftebarometer der Anteil insgesamt halbiert. „Das ist für Wirtschaftskrisen und Rezessionen normal“, betonte aber die KfW. Verstärken wird sich der Fachkräftemangel, wenn die Konjunktur wieder anzieht, aber auch durch den demografischen Wandel.

Dieser zeigt sich an den Vakanzzeiten offener Stellen, die der KfW zufolge ein neues Rekordhoch für einen Oktober erreicht haben. Im Schnitt dauerte es 161 Tage, bis ein Betrieb eine offene Stelle bei der Bundesagentur für Arbeit wieder abmeldete, im Oktober 2010 waren es 56 Tage. In etlichen Industriezweigen hat der Fachkräftemangel, aber auch durch die Absatz- und Auftragsrückgänge stark nachgelassen. Im Oktober klagten 37,8% der vom Ifo Institut befragten Unternehmen über zu wenig Aufträge nach 36,9% im Juli. Das sind immer noch mehr als im langjährigen Schnitt. Das Auftragspolster der Industrie stabilisiert sich aber: Für September meldet Destatis ein Plus des preis-, saison- und kalenderbereinigten Auftragsbestands im verarbeitenden Gewerbe von 0,6%. Zum Vorjahr ergibt sich ein Zuwachs von 4,1%. Die Reichweite verharrt bei 7,9 Monaten. So lange müssten Firmen also bei gleichbleibendem Umsatz ohne neue Auftragseingänge theoretisch produzieren, um die vorhandenen Aufträge abzuarbeiten.

Fast 60% der Unternehmen global unterwegs

Die neue Destatis-Statistik zu globalen Wertschöpfungsketten hat auch ergeben, dass insgesamt 34.600 oder 59% der Unternehmen mit mindestens 50 tätigen Personen im Jahr 2023 in globale Wertschöpfungsketten eingebunden waren, in deren Rahmen sie Waren oder Dienstleistungen aus dem Ausland bezogen oder dorthin geliefert haben.