Quartal

Hongkongs Wirtschaft rutscht ab

Hongkongs Wirtschaft ist im dritten Quartal unerwartet kräftig geschrumpft und steht vor einem hartnäckigen Rezessionsszenario. Die Regierung versucht mit einer großen internationalen Konferenz für den Finanz- und Handelsplatz zu werben.

Hongkongs Wirtschaft rutscht ab

nh Schanghai

In der chinesischen Sonderverwaltungszone Hongkong zeichnet sich ein düsteres Wirtschaftsklima mit einer anhaltenden Rezession ab. Zu Wochenbeginn hatten vorläufige Daten zur Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) im dritten Quartal eine extrem negative Überraschung gebracht.

Die neue Schätzung der Regierung läuft auf einen Rückgang des BIP-Wachstums um 4,5 % im Vergleich zur Vorjahresperiode auf. Das steht in einem starken Kontrast zur Konsensschätzung der Analysten, die nur einen relativ milden Rückgang des BIP um 0,8 % auf dem Zettel hatten. Nachdem die Hongkonger Wirtschaft im zweiten Quartal um 1,3 % geschrumpft war, waren die Ökonomen also von einer schleichenden Erholung ausgegangen. Dies erweist sich nun als Trugschluss, entsprechend hagelte es heftige Korrekturen der Wachstumsprognosen für das Gesamtjahr 2022.

Bei Goldman Sachs rechnet man jetzt mit einem BIP-Rückgang um 3,2 %, während man bislang ein Minus von 1,4 % veranschlagt hatte. Die Hongkong-Watcher bei Citigroup hatten der Wirtschaft sogar noch ein leichtes Wachstum von 0,3 % zugetraut, gehen nun aber von einer Schrumpfung der Wirtschaft im Jahr 2022 von 2,6 % voraus. Ähnlich sieht man es bei United Overseas Bank und verweist darauf, dass derzeit keine Katalysatoren für eine stärkere Wirtschaftserholung erkennbar sind.

Hongkong, das wirtschaftlich unabhängig vom Festland regiert wird und dessen eigene Währung eng an den Dollar angebundenen ist, leidet als eine in Normalzeiten besonders offene und handelslastige Wirtschaftszone unter der aus pandemischen Restriktionen und Rei­sebeschränkungen entstandenen Abschottung von Auslandsmärkten sowie auch dem chinesischen Festland. Die Regierung unter dem früheren Polizeichef John Lee, die im Juli neu angetreten ist, verbürgt sich einerseits für die massive Einschränkung von bürgerlichen Freiheiten auf Basis eines chinesischen Sicherheitsgesetzes und verspricht andererseits die Wahrung des traditionellen liberalen Wirtschaftscharakters Hongkongs als internationalem Handels- und Finanzplatz. Unterstrichen werden soll dies mit einer am Mittwoch beginnenden dreitägigen internationalen Finanzplatzkonferenz. Zu dieser werden nach jüngster Lockerung von Einreisebeschränkungen auch führende US-Investmentbanker erwartet. Darüber hinaus sollen Chinas Zentralbankgouverneur Yi Gang sowie Vertreter chinesischer Finanzaufsichtsbehörden mit Videobeiträgen der Konferenz zugeschaltet werden.

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