Industrie kritisiert EU-Klimaziele als Rückschritt
Industrie kritisiert EU-Klimaziele als Rückschritt
Industrie kritisiert EU-Klimaziele
Aufschub des Emissionshandels bedroht Wettbewerbsfähigkeit innerhalb der EU
nb Frankfurt
Die Umweltminister der EU haben sich unmittelbar vor der Klimakonferenz COP30 im brasilianischen Belém auf gemeinsame Klimaziele für 2035 und 2040 geeinigt. Der Kompromiss sieht vor, dass Reduktionen von Treibhausgasen auch durch Zukauf von Klimazertifikaten außerhalb der EU geleistet werden können und die Länder mehr Spielraum bei der Verrechnung durch Klimasenken wie Wäldern gewährt wird. Außerdem hat Polen für seine Zustimmung zu den Klimazielen durchgesetzt, dass die nächste Stufe des Emissionshandelssystems, ETS-2, um ein Jahr auf 2028 verschoben wird.
Bundesumweltminister Carsten Schneider (SPD) kündigte an, als Konsequenz der EU-Entscheidung die nationale CO2-Bepreisung in den Bereichen Verkehr und Wärme um ein Jahr zu verlängern und bis Ende 2027 fortzusetzen. „Darüber werden wir innerhalb der Bundesregierung zu entscheiden haben“, kündigte der SPD-Politiker am Mittwoch an. Er werde sehr genau darauf achten, dass es nicht zu Preissprüngen kommt, „sondern dass wir die Kontinuität aus dem Jahre 26 dann auch fortführen“.
Deutsche Industrie beklagt Wettbewerbsverzerrung
Durch die angekündigte Fortführung der nationalen Bepreisung warnen Wirtschaftsverbände vor Wettbewerbsverzerrungen in der EU: Der stellvertretende Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) fordert von der Bundesregierung, „dieses Gefälle im europäischen Wettbewerb zu entschärfen“. Kritik äußerte auch die Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie (VDA), Hildegard Müller. Mit der Verschiebung des ETS-2 werde ausgerechnet jenes marktwirtschaftliche Leitinstrument geschwächt, das kosteneffizienten Klimaschutz ermöglichen sollte. Wer weitreichende Klimaziele beschließe, dürfe nicht gleichzeitig Instrumente zur Zielerreichung aufweichen. Statt eines planbaren Preissignals drohe ein klimapolitischer Rückschritt, erklärte sie.
Neben Vertretern der Industrie warnt auch ein Zusammenschluss von Notenbanken und Finanzregulatoren vor den wirtschaftlichen Kosten einer zu zögerlichen Reaktion auf den Klimawandel: Sabine Mauderer, erste stellvertretende Präsidentin der Bundesbank sagt: „Unsere kurzfristigen Szenarien zeigen, dass der Klimawandel nicht nur langfristig, sondern auch kurzfristig erhebliche finanzielle Risiken mit sich bringt“.
Die Entscheidung der EU-Umweltminister zur Abschwächung des Klimaziels und der Verschiebung der ETS-2 um ein Jahr folgt auf ein ernüchterndes Ergebnis des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP): Die 1,5-Grad-Schwelle wird bereits im nächsten Jahrzehnt überschritten. Das geht aus den jährlichen Berechnungen der Emissionslücke hervor, die die UNEP am Dienstag in São Paulo vorstellte. Der Bericht erhöht im Vorfeld der COP30 in Belém den Druck, Ergebnisse bei der Beschleunigung und Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen zu erreichen.
