Ukraine-Krieg

Industrie warnt vor Embargo für Öl und Gas

Im Zuge der Russland-Sanktionen wird immer wieder ein Importstopp von Öl und Gas gefordert. Die deutsche Industrie warnt vor einem solchen Vorgehen. Und auch die Bundesregierung sträubt sich: Deutschland sei zu abhängig.

Industrie warnt vor Embargo für Öl und Gas

BZ Frankfurt

Während die russische Regierung betont, die Exportverpflichtungen in Sachen Öl und Gas weiterhin einzuhalten, werden auf der anderen Seite die Sorgen größer, die EU-Staaten könnten sich doch noch auf ein Embargo für russische Energie einigen. Noch allerdings sträubt sich die Bundesregierung. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zufolge ist Deutschland zu abhängig von den russischen Lieferungen. Auch die warnenden Stimmen aus der deutschen Industrie werden lauter. Derweil plant die Ampel-Regierung Entlastungen für Unternehmen, die besonders stark unter den Sanktionen gegen Russland leiden.

Deutschland und Österreich sträuben sich auf EU-Ebene gegen einen Importstopp von russischem Öl und Gas. Andere Länder wie Polen und Litauen gelten als starke Befürworter eines solchen Embargos. Unterstützung für ihre Position erhält die deutsche Bundesregierung aus der heimischen Wirtschaft. Mehrere Verbände warnten am Freitag vor den Belastungen für Unternehmen und Verbraucher, sollte ein solches Embargo Realität werden.

„In der deutschen Wirtschaft gibt es eine breite Zustimmung für die harten Sanktionen. Denn Krieg ist keine Basis für Geschäfte“, sagte Martin Wansleben, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), der „Rheinischen Post“. Auf die deutschen Betriebe kämen aber aufgrund des Kriegs große Belastungen zu – nicht zuletzt wegen der steil steigenden Energiepreise. Auch die Metall- und Elektroindustrie zeigte sich besorgt. „Wenn Deutschland sich dazu entschließen sollte, kein Gas oder Öl aus Russland mehr zu importieren, würde sich das dramatisch auf unsere Industrie, aber auch auf die Privathaushalte auswirken“, sagte der Präsident des Arbeitgeberverbands Gesamtmetall, Stefan Wolf, der „FAZ“. „Die Inflation wäre zweistellig. Die Versorgungssicherheit wäre ernsthaft gefährdet.“ Die Chemieindustrie verwies derweil auf den hohen Verbrauch von Öl und Gas in der Branche. Sollte es wegen eines Energieembargos zu längeren Ausfällen von Anlagen kommen, hätte das massive Folgen für die Wertschöpfungsketten, erklärte der Verband der Chemischen Industrie (VCI) am Freitag in Frankfurt.

In Berlin wird derweil an einem Plan zur Entlastung besonders betroffener Firmen gearbeitet – demnach ist ein Kredit-Hilfsprogramm in Planung. „Dabei schauen wir uns auch den Beihilferahmen der EU genau an“, sagte eine Sprecherin zur Nachrichtenagentur dpa. Die EU-Kommission hatte am Donnerstag vorgeschlagen, besonders vom Krieg in der Ukraine betroffene Unternehmen mit günstigen Zinsen oder temporären Zuschüssen wegen der hohen Energiepreise zu entlasten. Das Wirtschaftsministerium prüfe nun die Vorschläge Brüssels für einen neuen Krisen-Beihilferahmen. Jüngsten Medienberichten zufolge erwägt die Ampel-Regierung zudem, eine Art Russland-Schutzschirm aufzulegen – ähnlich dem, der in der Coronakrise die Auswirkungen der Einschränkungen lindern sollte.

Mehr Unabhängigkeit

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) treibt derweil die Bestrebungen für mehr Energieunabhängigkeit voran. Der Bund und das Land Schleswig-Holstein einigten sich auf die Beschleunigung des Baus eines Terminals für Flüssiggas und flüssigen Wasserstoff in Brunsbüttel. Mit Blick auf die oft langwierigen Planungs- und Genehmigungsprozesse bei Großprojekten sagte Habeck in Brunsbüttel: „Uns ist einiges eingefallen, es schneller zu machen.“

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