Verbraucherpreise

Inflation bleibt großes Sorgenkind der Deutschen

Der Inflationsdruck in Deutschland ist weiter sehr hoch, und eine baldige Trendumkehr ist nicht absehbar. Damit wächst auch der Druck auf die Politik – und auf die EZB.

Inflation bleibt großes Sorgenkind der Deutschen

ms Frankfurt

Der Inflationsdruck in Deutschland ist weiter sehr hoch, und eine baldige Trendumkehr ist nicht absehbar. Im Juli kletterte die Teuerungsrate in EU-harmonisierter Rechnung (HVPI) von zuvor 8,2% auf 8,5%, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag mitteilte. In nationaler Rechnung steht zwar ein zweiter leichter Rückgang in Folge zu Buche, auf jetzt 7,5%. Ohne staatliche Interventionen wie den Tankrabatt und das 9-Euro-Ticket wäre die Rate aber vermutlich noch höher ausgefallen. In den nächsten Monaten könnte es deshalb durchaus noch einmal nach oben gehen.

Damit bleibt die Inflation ein, wenn nicht das zentrale Sorgenkind für die Deutschen und die deutsche Wirtschaft. Die hohe Inflation bremst längst entscheidend die Konjunktur, weil sie zu realen Kaufkraftverlusten und zu Unsicherheit für die Unternehmen führt. Immer mehr Menschen sorgen sich zudem um die Finanzierung ihres Lebensunterhalts. Längst hat das Thema auch die Spitzenpolitik erreicht. Kanzler Olaf Scholz (SPD) hat eine konzertierte Aktion gegen die Inflation initiiert. Zugleich wächst der Druck auf die Europäische Zentralbank (EZB), entschlossener gegenzusteuern.

Haupttreiber der Teuerung war im Juli erneut die Energie, auch wenn die Dynamik da etwas nachließ. Auf Jahressicht legten die Energiepreise im Juli um 35,7% zu – nach 38,0% im Juni. Derzeit befeuert vor allem der Ukraine-Krieg die Energiepreise. Längst hat sich der Preisauftrieb aber auch in anderen Segmenten ausgebreitet. Das gilt insbesondere für Lebensmittel. Sie verteuerten sich im Juli um 14,8%. Im Juni hatte das Plus noch bei 12,7% gelegen. „Der Druck im Inflationskessel bleibt hoch“, sagte Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank.

Was den weiteren Inflationsausblick betrifft, gibt es derzeit positive wie negative Faktoren, wie auch Gitzel betont: Zu den positiven Aspekten zählt, dass die Ölpreise seit Mitte Juni im Trend fallen. Auch die Metallpreise haben zuletzt nachgegeben. Das dürfte sich positiv auf die Erzeugerpreise auswirken – eine Vorstufe für Verbrauchsgüter. Zu den negativen Aspekten gehört, dass Gas- und Strompreise derzeit stark anziehen. „Während also auf der einen Seite der Preisdruck abnimmt, steigt er auf der anderen Seite stark an. In der Summe spricht dies für keine nachhaltige Entspannung an der Inflationsfront“, so Gitzel.

In den nächsten Monaten könnte die Inflationsrate sogar erst einmal noch anziehen – wenn die Entlastungsmaßnahmen auslaufen und die stark gestiegenen Gaspreise unmittelbar an die Endkunden weitergegeben werden. Von besonderer Bedeutung wird dann sein, wie sich die Inflationserwartungen und die Löhne entwickeln. Die große Sorge gilt einer Lohn-Preis-Spirale, mit der sich die hohe Inflation auf Dauer verfestigen könnte.

„EZB muss nachhaltig liefern“

Nicht zuletzt diese Sorge hat vergangene Woche die EZB veranlasst, erstmals nach elf Jahren ihre Leitzinsen zu erhöhen, und das sogar gleich um 50 statt der zuvor angekündigten 25 Basispunkte. Die hohe Inflation setzt die EZB-Granden nun weiter unter Druck, ihre Leitzinsen weiter anzuheben – selbst wenn zugleich die Angst vor einer Rezession wächst (siehe Text unten auf dieser Seite). „Für die EZB heißt das, der Inflationsbekämpfung oberste Priorität einzuräumen“, sagte KfW-Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib. „Wichtig ist es nun, dass die EZB hier nachhaltig weiter liefert, um die Inflationserwartungen dauerhaft bei 2% zu verankern.“