Inflation in China erneut gesunken

Plus von 1,9 Prozent im September - Spielraum für weitere geldpolitische Lockerung

Inflation in China erneut gesunken

ba/dpa-afx Peking – Die Inflation in China schwächt sich weiter ab. Die geringeren Preissteigerungen geben der Zentralbank neuen Spielraum für eine eventuelle Lockerung der Geldpolitik, um das Wachstum der zweitgrößten Volkswirtschaft anzukurbeln. Im September legte der Verbraucherpreisindex nur noch um 1,9 % im Vergleich zum entsprechenden Vorjahresmonat zu, wie das Statistikamt am Montag berichtete. Im August lag der Anstieg bei 2 %. Die Inflationsrate im September kommt dem Jahrestief vom Juli mit 1,8 % nahe. Zuvor hatte es eine ähnlich niedrige Teuerungsrate Anfang 2010 gegeben.Ursache für den Rückgang der Inflation sind vor allem die langsamer steigenden Nahrungsmittelpreise, die knapp ein Drittel des Index ausmachen und nur um 2,5 % anstiegen. Im August lag der Zuwachs noch bei 3,4 %. Als ein Zeichen für die weitere Abkühlung des Wachstums fielen allerdings die Erzeugerpreise im September um 3,6 % im Vergleich zum Vorjahresmonat. Es war der siebte Monat in Folge, in dem ein Rückgang verzeichnet wurde. Schwacher AußenhandelMit Spannung wird die Bekanntgabe der Wachstumszahlen für das dritte Quartal erwartet, die am Donnerstag verkündet werden. Experten rechnen nur noch mit einem Anstieg von 7,4 % im Vergleich zum Vorjahresquartal. Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat seine Vorhersage für China in diesem Jahr bereits auf 7,8 % gesenkt.Ursache ist vor allem der unerwartet schwache Außenhandel durch die geringere Nachfrage nach “made in China” im schuldengeplagten Europa und in den ähnlich wachstumsschwachen USA. Im September hatten sich Chinas Exporte allerdings besser als erwartet entwickelt. Der Anstieg der Ausfuhren machte nach Angaben des Zolls vom Samstag 9,9 % im Vergleich zum Vorjahresmonat aus. Im August hatten die Exporte nur um 2,7 % zugelegt. Der Zuwachs war höher als von Ökonomen vorhergesagt. “Aber ein starker Aufschwung des Außenhandels erscheint in der nahen Zukunft unwahrscheinlich”, schrieb die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua.Das Wirtschaftswachstum des dritten Quartals dürfte “klar” unter dem Vorquartalswert von 7,6 % liegen, sagte der für Schwellenländer zuständige Ökonom Thomas Gitzel von der Verwaltungs- und Privatbank (VP Bank) in Vaduz voraus. Positiv stimme aber das Wachstum der Geldmenge. Die bereits eingeleitete Lockerung der Geldpolitik zeige Wirkung. Die unverändert niedrige Inflation lasse es also zu, den Geldhahn weiter aufzudrehen. “Wir rechnen jedoch damit, dass das Schlussquartal positiv überrascht”, sagte der VP-Ökonom. Studie: Land am WendepunktDie heimische Nachfrage sei noch zu niedrig, sagte Liu Gang von der neuseeländischen ANZ Bank der Nachrichtenagentur Xinhua. Eine weitere Lockerung der Geldpolitik sei deswegen notwendig. Die Inflation lag deutlich unter dem Ziel der Regierung, die Preissteigerungen unter 4 % zu halten. In den ersten neun Monaten stiegen die Verbraucherpreise im Schnitt nur um 2,8 %. Xu Lianzhong, Direktor des Prognosebüros der mächtigen Entwicklungs- und Reformkommission (NDRC), geht laut Xinhua davon aus, dass die Inflation bis Ende des Jahres nicht mehr deutlich zunehmen dürfte.Trotz der großen wirtschaftlichen Fortschritte steht China mit seinen wachsenden Problemen an einem Wendepunkt, konstatiert die Bertelsmann Stiftung in einer Studie: Die Errungenschaften “können die ernsten Mängel nicht verdecken, die die Nachhaltigkeit des Regierungssystems infrage stellen.” Der Entwicklungsweg sei durch rapide wachsende Ungleichheit, mächtige Interessengruppen und die Neigung der Kommunistischen Partei bedroht, die Probleme herunterzuspielen. Politische Reformen seien notwendig.Menschen- und Bürgerrechte seien kaum geschützt. Die Justiz sei von der Partei abhängig. Soziale Unruhen gefährdeten die Stabilität.