US-Konjunktur

Inflation setzt Verbrauchern zu

Driftet die US-Wirtschaft in eine Rezession ab? Daten zu Konsum und Einkommen liefern den Skeptikern Nahrung. Leicht nachlassender Preisdruck dürfte die Notenbank Fed kaum zügeln.

Inflation setzt Verbrauchern zu

rec Frankfurt

Die Amerikaner halten sich wegen der hohen Inflation zunehmend beim Konsum zurück, was Sorgen vor einer aufziehenden Rezession schürt. Unter Berücksichtigung der starken Preisanstiege gingen die Verbraucherausgaben im Mai auf Jahressicht erstmals in diesem Jahr zurück. Wie das Handelsministerium weiter meldete, hat sich die Inflation, gemessen am Preisindex PCE, im Mai leicht entspannt. Das dürfte die US-Notenbank Fed indes kaum von ihrem Plan abhalten, die Zinsen weiter deutlich zu erhöhen.

Der PCE-Index, der auf den privaten Konsumausgaben basiert, ist das bevorzugte Maß der Federal Reserve. Er ging auf 6,3% zurück und damit etwas stärker als erwartet. Das gilt auch für die Kernrate (4,7%), die gerade jetzt besondere Beachtung findet, weil die schwankungsanfälligen Komponenten Energie und Nahrungsmittel außen vor bleiben (siehe Grafik). Der Preisdruck bleibt also auf breiter Front beträchtlich, was auch die noch höhere Verbraucherpreisinflation anzeigt.

Für Michael Pearce vom Analysehaus Capital Economics ist der leichte PCE-Rückgang nicht der „klare und zwingende“ Beweis, den die Fed benötige, um das Tempo ihrer Zinserhöhungen zu drosseln. Das hat sie sukzessive von anfangs 25 Basispunkten auf zuletzt 75 erhöht. Ein so großer Schritt wird auch im Juli erwartet. Fed-Chef Jerome Powell hat gerade wieder betont, dass der Kampf gegen die Inflation Priorität habe, auch wenn das „schmerzhaft“ für die Wirtschaft werde. Das sagte Powell beim Zentralbankforum in Sintra. Er sieht die Wirtschaft in guter Verfassung. Nicht wenige Analysten schließen aus Powells Aussagen, dass die Fed notfalls bereit ist, eine Rezession in Kauf zu nehmen, um die Inflation entscheidend Richtung ihres 2-Prozent-Ziels zu drücken.

Debatte über Rezession

Mutmaßungen über eine baldige Rezession haben vor allem diesseits des Atlantiks zugenommen. Die Ökonomen der Deutschen Bank fielen schon vor Wochen auf, weil sie als Erste eine Rezession in den USA für das kommende Jahr prognostizierten. Auf diese Linie sind die Kollegen der zweiten deutschen Großbank, der Commerzbank, eingeschwenkt: Auch sie rechnen nun für 2023 mit einer Rezession. Ebenso erklären neuerdings die Ökonomen der Privatbank Berenberg und der BayernLB eine Rezession im kommenden Jahr zum Basisszenario. Andreas Busch, Senior Economist des Vermögensverwalters Bantleon, hält aufgrund enttäuschender Konjunkturdaten aus jüngster Zeit eine Rezession in den USA schon zum Jahreswechsel für wahrscheinlich.

Andere halten dagegen: Jan Hatzius, deutscher Chefvolkswirt in Diensten der US-Großbank Goldman Sachs, sagte vor wenigen Tagen zu Bloomberg, die Gefahr einer Rezession sei gestiegen, aber nicht sein Basisszenario. „Wenn überhaupt, wird sie wahrscheinlich eher flach ausfallen. Die Bilanzen des Privatsektors sind in besserer Verfassung als am Ende früherer Konjunkturzyklen.“ Capital-Economics-Analyst Pearce hält „Andeutungen, dass eine Rezession unmittelbar bevorsteht oder unvermeidlich ist, für weit gefehlt“. Beim Vermögensverwalter DWS gibt man sich in den gerade aktualisierten Prognosen deutlich vorsichtiger als bei der Mutter Deutsche Bank: Man schließe „eine milde Rezession Ende 2022, Anfang 2023 in den USA nicht aus“.

Die neuesten Konjunkturdaten liefern dem Lager der Skeptiker Nahrung. Nominal, also in absoluten Zahlen, gaben Konsumenten im Mai magere 0,2% mehr aus als im April. Real, also nach Abzug der Inflation, stand ein Minus von 0,4% zu Buche. Vor allem bei großen Anschaffungen wie Autos hielten sie sich merklich zurück. Hinzu kommt, dass die Statistiker das zunächst vermeldete Plus für April von 0,7% auf 0,3% stutzten. Die höchste Inflation seit Jahrzehnten frisst die Lohnerhöhungen in den USA auf: Laut Handelsministerium hatten die Haushalte real sogar minimal weniger Geld zur Verfügung als im April.

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