Institute kappen Deutschland-Prognose
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Institute kappen Prognose
Sorge um Wirtschaftsstandort – Fuest mahnt Frühling der Reformen an
Der deutschen Wirtschaft geht die Kraft aus: Neben den hausgemachten Problemen bremsen die US-Zollpolitik, der Fachkräftemangel und die Konkurrenz Chinas auf den Weltmärkten. Ohne Reformen kein selbsttragender Aufschwung, heißt es etwa beim IfW. Mehr als 1,0 und 1,4% Wachstum wird es 2026 und 2027 nicht werden.
ba Frankfurt
Führende deutsche Wirtschaftsforschungsinstitute blicken zunehmend skeptisch auf das kommende Jahr. Das ifo-Institut, das Kieler IfW und das Essener RWI rechnen damit, dass die Erholung nach drei Jahren Rezession und Stagnation weniger schwungvoll ausfallen wird als noch im Herbst erwartet und haben ihre Prognosen teils deutlich gesenkt. Mehr als 1,0% sind nicht drin nach 0,1% im zu Ende gehenden Turnus. Allein das zuvor bereits sehr skeptische IWH hat die Voraussage etwas nach oben justiert. Unisono monieren sie, dass die Finanzimpulse der Bundesregierung geringer ausfallen dürften als bislang erhofft und der Standort Deutschland weiter erodiere. Ifo-Chef Clemens Fuest forderte daher einen „Frühling der Reformen“.

Das Ifo kappte die Voraussage für 2025 um 0,1 Prozentpunkte auf 0,1%. Für die folgenden beiden Jahre wurden die Voraussagen um je 0,5 Punkte nach unten auf 0,8% und 1,1% gesetzt. Die Kieler Forscher erwarten für die kommenden beiden Jahre ein Wachstum von 1,0 und 1,3% – bislang waren es 1,3% und 1,2%. Das RWI korrigierte die Prognosen für 2025 und 2026 um je 0,1 Prozentpunkte nach unten auf 0,1% und 1,0%. An den 1,4% für 2027 halten die Essener Forscher fest. Das IW Halle wiederum, das bislang von 0,8% und 0,6% BIP-Plus in den Jahren 2026 und 2027 ausgegangen war, schraubte die Erwartungen auf je 1,0% nach oben.
Dreiklang als Ansatz
„Wir sind ja langsam am Ende des Herbstes der Reformen, der ausgerufen worden war“, sagte Fuest. Der ursprünglich von der Koalition angekündigte Reformherbst sei zwar nicht ganz ausgefallen. „Aber das Schlimme ist: Die Reformen, die stattgefunden haben, steuern mehrheitlich in die falsche Richtung.“ Die Rentenreform etwa treibe die Kosten in die Höhe, da sie sich auf Konsum konzentriere. „Das wird natürlich die Investitionsbereitschaft reduzieren und das Vertrauen in diesen Standort weiter senken.“ Er forderte, dass das Wachstum in den Fokus rücken müsse. „Zunächst mal brauchen wir ein durchdachtes Reformprogramm und keinen Aktionismus“, sagte der Ifo-Chef. Als Ansatzpunkte nannte er den Arbeitsmarkt, Investitionen und Bildung: „Diese drei Faktoren bestimmen letztlich die Leistungsfähigkeit unserer Volkswirtschaft.“ Zur Innovationsfähigkeit einer Volkswirtschaft brauche es Start-ups und generell Unternehmen, die mal etwas Neues ausprobieren würden – dazu brauche es aber auch das Personal. Der rigide Kündigungsschutz aber verhindere, dass dieses schnell eingestellt, aber auch schnell wieder entlassen werden könne, „wenn es daneben geht“.
Neben den hausgemachten Problemen wirke sich zudem die US-Zollpolitik weiter belastend aus, mahnen die Institute. „Die vielen strukturellen Probleme im Sozialsystem, die Überbürokratisierung oder der Rückstand bei Künstlicher Intelligenz und anderen modernen Technologien lassen Deutschlands Wirtschaft auf der Stelle treten“, sagt IfW-Präsident Moritz Schularick. Es sei enttäuschend, dass für das kommende Jahr nicht mehr Zuwachs zu erwarten sei, obwohl die Bundesregierung hohe Schulden aufnehme und die Investitionen in Infrastruktur und Verteidigung erhöhe. Bei der Neuverschuldung des Staates erwarten die Ökonomen, dass die 3%-Obergrenze der EU in den kommenden beiden Jahren überschritten wird.
Mit Blick auf die Nutzung von Künstlicher Intelligenz (KI) mahnte das IWH zudem, dass in jüngerer Zeit die Finanzierung der KI-Investitionen zunehmend über weniger transparente Instrumente und Kredite erfolgte, „wovon Gefahren für die Stabilität der Finanzmärkte ausgehen könnten“. Beim Arbeitsmarkt sehen die Institute allesamt Verbesserungen, so dass auch der private Konsum wieder ansteigen dürfte.
