Staatenbonität

Italien gibt „Buhmann-Rolle“ an Frankreich ab

Deutschland liegt mit seiner Bonität zwar noch stabil im Triple-A-Universum, doch ohne Strukturreformen wird auch Berlin in den AA-Sektor abrutschen, warnt die Ratingagentur Scope. Frankreichs Reformverweigerung hat bereits zu einer Herabstufung geführt.

Italien gibt „Buhmann-Rolle“ an Frankreich ab

Italien gibt „Buhmann-Rolle“ sukzessive an Frankreich ab

Scope erwartet Ratingkonvergenz von Paris und Rom – Deutschland tendiert zum unteren Rand der Triple-A-Kategorie – Zinsbelastung steigt rasant

lz Frankfurt

Deutschland ist eines der wenigen Industrieländer, die sich noch im „Triple-A-Universum“ der Ratingagenturen bewegen und sich entsprechend günstig verschulden können. Viele bedeutende Staaten wie die USA oder Frankreich wurden längst herabgestuft und finden sich inzwischen im AA-Sektor wieder. Doch bezogen auf die steigende Schuldenquote rückt nun auch die Bundesrepublik immer näher an „AA“ heran, wie die Ratingagentur Scope dieser Tage gewarnt hat.

Allerdings ist das aktuelle Risiko wegen des Benchmark-Charakters Deutschlands, seiner trotz langjähriger Wirtschaftskrise stabilen politischen Ordnung, seiner schieren Wirtschaftsmacht und widerstandsfähigen, diversifizierten Volkswirtschaft eher gering. Die Steigerung der Schuldenquote auf in absehbarer Zeit über 70% des BIP wegen des kreditfinanzierten Sondervermögens und der höheren Verteidigungsausgaben hält Scope-Experte Eiko Sievert für „durchaus handhabbar“.

Reformen angemahnt

Entscheidender ist für ihn aber, dass Berlin mit den Strukturreformen vorankommt. Bislang sei hier „noch kaum etwas adressiert worden“, obgleich etwa in der gesetzlichen Rentenversicherung der demografische Druck immer größer werde, was die Finanzierung über Beiträge und Steuerzuschüsse immer schwerer machen würde. Wenn die Rüstungsausgaben, die kaum produktive Zweitrundeneffekte und eher konsumtiven Charakter hätten, weiterhin durch Verschuldung gegenfinanziert würden, „könnte es problematisch werden“, warnt er.

Eher nach oben drängt dagegen Italien, das zuletzt ein gutes Stück Boden gutgemacht hat durch eine „solide und finanzpolitisch umsichtige Haushaltsführung“ sowie anhaltend stabile Primärüberschüsse im Haushalt, wie Scope anmerkt. Dagegen bereitet Frankreich wegen der politischen Instabilität am Rande der Unregierbarkeit und seiner hohen Defizite samt Reformverweigerung eines großen Teils der Öffentlichkeit immer größere Sorgen.

Frankreich herabgestuft

Erst im Herbst wurde das Rating Frankreichs auf „AA–“ zurückgenommen, während das von Italien heraufgesetzt wurde auf „BBB+“. Scope sagt eine „Rating-Konvergenz“ voraus. An den Märkten wurde das bereits weitgehend vorweggenommen, indem die Spreads zwischen beiden Ländern immer geringer wurden: Italien wird am Markt günstiger beurteilt, Frankreich immer schlechter.

In einem Datenvergleich der beiden Länder verweist Scope zum einen auf die „intrinsische Widerstandsfähigkeit“ Frankreichs, zum anderen aber auch auf dessen negative Haushaltsdynamik. Noch ist auch das Wachstum etwas höher als das von Italien, dafür aber prognostiziert Scope für Italien bis 2030 einen stabilen Leistungsbilanzüberschuss von rund 1,5% des BIP.

Zugleich scheint Italien mehr gegenüber Schocks gefeit zu sein wegen seiner Netto-Gläubigerposition von 11% des BIP, während Frankreich eine Netto-Schuldnerposition von 22% des BIP aufweist. Zudem ist Paris stärker von nicht gebietsansässigen Investoren (etwa 50% der Gläubiger) abhängig, während das im Falle Roms deutlich niedriger ausfällt (rund 30% der Gläubiger). Auf Abstand hält Paris seinen Konkurrenten Rom quasi nur noch durch die insgesamt niedrigere Staatsverschuldung von 115% des BIP gegenüber 138% in Rom.

Zinsen engen Spielraum ein

Fast alle Länder aber plagt mit Blick auf die Budgets der nächsten Jahre indes ein anderes Problem: die Zinslasten wegen der hohen und steigenden Verschuldung werden immer höher. Das beschneidet die Flexibilität der Staatshaushalte und führt in manchen Ländern sogar zu noch höheren Defiziten, die über Kredite „ausgeglichen“ werden müssen. Gemessen an den Steuereinnahmen lag die öffentliche Nettozinslast des Gesamtstaats etwa in den USA zwischen 7 und 8% im Jahr 2019, für 2030 veranschlagt sie Scope auf rund 13%. Auch in Ungarn verdoppelt sie sich auf gut 10%. Und in Frankreich nimmt sie den Scope-Prognosen zufolge von weit unter 5% auf annähernd 7% zu. Deutschland steht im Vergleich dazu mit rund 3% noch gut da.