Parlamentswahlen

Italien steuert auf Rechtsregierung zu

Bei den Parlamentswahlen am 25. September in Italien zeichnet sich immer deutlicher ein Erfolg des Rechtsbündnisses ab.

Italien steuert auf Rechtsregierung zu

bl Mailand

Bei seinem ersten öffentlichen Auftritt nach der Sommerpause in Rimini zeigt sich Italiens Ministerpräsident Mario Draghi entspannt und gut gelaunt. Kein Wunder angesichts der Standing Ovations, mit denen ihn die Teilnehmer an dem Kongress, der traditionell die Ferien beendet, empfingen. Draghi gab sich zuversichtlich, „dass es Italien auch künftig schafft, egal welche Regierung das Land hat“. Er zog eine positive Bilanz seiner 19-monatigen Regierungszeit und warnte vor souveränistischen Tendenzen, die vor allem Lega-Chef Matteo Salvini und die Fratelli-d’Italia-Vorsitzende Giorgia Meloni vertreten. „Protektionismus und Isolation sind nicht im nationalen Interesse. Italien war nie stark, wenn es sich für einen Alleingang entschieden hat“, sagte Draghi.

Beobachter werteten dies als Warnung vor allem an die Rechtsparteien – zumal Salvini gerade die „Ineffizienz der Sanktionen“ gegen Russland und deren negative Folgen für Italiens Unternehmen beklagt hat. Und Giorgia Meloni strebt eine „Überarbeitung“ der Regeln des europäischen Wiederaufbauprogramms an, dessen größter Nutznießer Italien ist. Draghi hofft, auch eine neue Regierung möge den im Zusammenhang mit dem Plan eingeschlagenen Reformkurs fortsetzen. Der geschäftsführende Ministerpräsident sprach sich in Rimini allerdings erneut für eine Revision des Stabilitäts- und Wachstumspakts aus, dessen derzeitige Regeln er für „wenig effizient“ hält.

Eine neue Regierung wird höchstwahrscheinlich ein Rechtsbündnis aus Fratelli d’Italia, Lega und Forza Italia sein. Das bestätigen zwei gerade veröffentlichte Umfragen. Demnach kämen die Rechtsparteien auf annähernd 50% der Stimmen. Das Wahlsystem, eine Mischung aus Verhältnis- und Mehrheitswahlsystem, begünstigt Allianzen und damit die Rechtsparteien. Denn die politische Linke präsentiert sich uneins. Der sozialdemokratische Partito Democratico (PD) konnte sich lediglich mit den Kleinstparteien Più Europa, Grüne und der extremen Linken auf ein Bündnis einigen. Der Mittel-Links-Politiker und Ex-Industrieminister Carlo Calenda (Azione) kündigte eine Allianz mit dem PD nach wenigen Tagen wieder auf und tat sich mit Italia Viva von Ex-Ministerpräsident Matteo Renzi zusammen. Die 5-Sterne-Bewegung unter Ex-Ministerpräsident Giuseppe Conte, der Mitte Juli den Fall der Regierung Draghi ausgelöst hatte, lehnt ein Zusammengehen mit dem PD ab.

Das Wahlprogramm der drei rechten Parteien enthält eine Vielzahl teurer Wahlversprechen. Die Forderung Salvinis nach einer Flat Tax von 15% für Einkommen bis 100000 Euro ist im Regierungsprogramm zwar ebenso wenig enthalten wie die Forderung von Berlusconis Forza Italia nach einer Mindestrente von 1000 Euro im Monat, die nach Berechnungen des Ökonomen Carlo Calenda etwa 31 Mrd. Euro kosten würde. Das heißt nicht, dass solche Forderungen vom Tisch sind. Giorgia Meloni, deren Partei Umfragen zufolge klar vorne liegt, ist Favoritin für das Amt der Premierministerin. Sie strebt eine Ausweitung von Regelungen zum Schutz einheimischer Firmen gegen ausländische Übernahmen an. Salvini will eine volle Rente nach 41 Beitragsjahren. Außerdem soll nach dem Willen der Rechtsparteien die Mehrwertsteuer für Energie und Lebensmittel drastisch gesenkt werden. Salvini will außerdem eine Amnestie für Steuersünder sowie ein großes Konjunkturprogramm – selbst wenn dann die Staatsverschuldung anstiege. Das steht aber nicht im gemeinsamen Wahlprogramm.

Vergleichsweise bescheiden kommen die Linksparteien daher. Sie fordern – wie praktisch alle Parteien – Steuersenkungen. Darüber hinaus strebt der PD einen Mindestlohn von 9 Euro pro Stunde an, will sonst aber den Kurs Draghis fortsetzen, der Haushalte und Unternehmen mit Bonuszahlungen und Entlastungen im Umfang von insgesamt rund 50 Mrd. Euro entgegengekommen ist. Die 5-Sterne-Bewegung, bei den Parlamentswahlen von 2018 mit 32% noch stärkste Partei, will dagegen die extrem kostspieligen Hilfen für die energetische Sanierung von Gebäuden noch ausweiten und auch das bedingungslose Grundeinkommen nicht antasten.

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