KOMMENTAR

Italienisches Drama

Matteo Renzi ist ein höchst begabter Politiker. Viele Jahre war er der Hoffnungsträger der italienischen Politik: jung, intelligent, innovativ und proeuropäisch. Er wurde sowohl in Italien als auch außerhalb seines Landes geschätzt und hofiert und...

Italienisches Drama

Matteo Renzi ist ein höchst begabter Politiker. Viele Jahre war er der Hoffnungsträger der italienischen Politik: jung, intelligent, innovativ und proeuropäisch. Er wurde sowohl in Italien als auch außerhalb seines Landes geschätzt und hofiert und konnte bei Wahlen mehr als 40 % der Stimmen einfahren. Tempi passati! Durch Arroganz und die ungeschickte Verknüpfung seines politischen Schicksals mit einer Parlamentsreform brachte sich der frühere Premierminister und Reformer um den Lohn seiner Arbeit. Geblieben ist nur ein Schatten früheren Glanzes. Premierminister Giuseppe Conte und der rechte Volkstribun Matteo Salvini sind wesentlich beliebter als er.Fast verzweifelt wirken nun Renzis Bemühungen, durch die Abspaltung von den Sozialdemokraten und die Gründung einer “jungen, innovativen und feministischen Partei mit neuen Ideen”, der “Italia Viva”, an alte Erfolge anzuknüpfen. In Umfragen kommt die neue Gruppierung des mit 44 Jahren immer noch jungen Florentiners auf 5 %. Selbst wenn es mehr werden sollten und ihm noch mehr Parlamentarier und Minister aus seiner alten Partei folgen sollten: Viel Staat kann Renzi damit wohl nicht machen. Das gilt auch für den Fall, dass es ihm gelingen sollte, rechte Sozialdemokraten und vielleicht auch Anhänger des greisen Silvio Berlusconi zu sich herüberzuziehen. Die meisten von ihnen sind wohl nicht bereit, Renzi zu unterstützen. Doch bei aller Schwäche hat Renzi immer noch die Kraft, die neue Regierung zu schwächen oder gar zu kippen. Er bahnt damit womöglich Salvini den Weg, der seine Freude und Genugtuung über Renzis Entscheidung auskostet.Renzi vertritt zwar eher moderate und wirtschaftsfreundliche Ansichten, und das ist in Italien selten. Eine solche Haltung tut angesichts der ausgabenfreudigen und weit links anzusiedelnden Positionen der 5 Sterne und des Großteils der Sozialdemokraten auch dringend not. Doch vernünftiger wäre es wohl gewesen, der Ex-Premier hätte innerhalb seiner früheren Partei für seine Ansichten geworben. Abspaltern und Parteineugründern war in der Vergangenheit – mit Ausnahme vielleicht von Berlusconis Forza Italia – selten Erfolg und ein langes Leben beschieden. Die meisten von ihnen verschwanden in der Versenkung oder hatten allenfalls vorübergehend Bedeutung. Dieses Schicksal droht nun auch Renzi.