IWF: Trotz schwächeren Zolleffekts bedeutende Risiken für die Weltwirtschaft
IWF: Trotz schwächeren Zolleffekts bedeutende Risiken für die Weltwirtschaft
IWF: Bei leichter Abschwächung bedeutende Risiken für die Weltwirtschaft
Globales Wachstum 2025 bei 3,2 Prozent – Schock-Effekt der US-Zölle geringer als erwartet – WEO fordert neue Handelsabkommen und Schuldenabbau
det Washington
Ein halbes Jahr nach der Verkündung der US-Einfuhrzölle hat die globale Konjunktur nach Ansicht des Internationalen Währungsfonds (IWF) bemerkenswerte Resistenz bewiesen. Maßgeblich beigetragen haben dazu bilaterale Handelsabkommen, die Washington mit mehreren Partnerländern ausgehandelt hat. Wie der IWF in seinem neuen Weltwirtschaftsausblick (WEO) schreibt, schlug auch die Flexibilität der Unternehmen und Verbraucher positiv zu Buche. Diese hätten im Vorgriff auf die Zölle Investitionen und Einfuhren gesteigert und konnten somit höheren Preisen zuvorkommen. Folglich hat der Währungsfonds seine Wachstumsprognosen gegenüber dem Frühjahr nur geringfügig nach unten korrigiert. Dennoch lauern signifikante Abwärtsrisiken, warnt IWF-Chefökonom Pierre-Olivier Gourinchas.
Geringfügige Korrekturen
Laut WEO wird die Weltwirtschaft nach einer Steigerungsrate von 3,3% im Vorjahr 2025 um 3,2% und dann 2026 um 3,1% wachsen. Geprägt ist das gedämpfte Wachstum aber von einer zunehmenden Fragmentierung, sowohl weltweit als auch unter den Industriestaaten. So wird die US-Wirtschaft dieses Jahr zwar deutlich geringeres Wachstum aufweisen, aber mit einem Plus von 2,0% die größten Industrieländer dennoch anführen, heißt es in dem neuen Konjunktubericht.
Die deutsche Wirtschaft wird nur um 0,2% zulegen und somit das Schlusslicht unter den führenden Volkswirtschaften der Eurozone bilden. Als Ländergruppe werden die Volkswirtschaften der EU-Staaten ihre Produktion um 1,2% steigern. Regionale Unterschiede sind auch in den Schwellenländern zu beobachten. Als Konjunkturstützen werden sich dort abermals China und Indien mit Wachstumsraten von 4,8% und 6,6% behaupten.
Transparente Handelsabkommen
Zwar fielen die Revisionen gegenüber dem WEO vom Frühjahr und den aktualisierten Zahlen vom Juli geringer aus als erwartet. Angesichts der Zölle und der tektonischen Veränderungen in der politischen Landschaft hatten Ökonomen bedeutendere negative Korrekturen vorausgesagt. Nach Ansicht von IWF-Chefökonom Pierre Olivier-Gourinchas „spiegelt die Resistenz aber eher eine vorübergehende Erholung als eine fundamentale Stärke der Weltwirtschaft wider“.
Zu den Abwärtsrisiken zählen laut WEO die weiter hohen, effektiven Zollsätze in den USA und das Fehlen transparenter, dauerhafter Handelsabkommen. Konjunkturoptimismus wäre verfrüht, weil noch unklar ist, in welchem Umfang die Zölle auf die Verbraucherpreise durchschlagen werden. Zwar fiel der Inflationsschub als Folge der Zölle bisher weniger stark aus als erwartet. Anzunehmen ist aber nach Ansicht des Fonds, dass Unternehmen allmählich die höheren Inputkosten auf ihre Endkunden abwälzen werden.
Unsicherheit geht von den USA aus
Bisher haben nämlich viele Unternehmen geringere Gewinnmargen in Kauf genommen, anstatt die Inputpreise an ihre Endkunden weiterzugeben. Als Folge haben sich die Zölle zumindest bisher noch nicht in dem US- Verbraucherpreisindex CPI niedergeschlagen. Auch betont der WEO, dass der Aufbau der Lagerbestände im ersten Quartal dazu beigetragen hat, dass nur eine moderate Teuerung eingetreten ist.
Unterm Strich hält der WEO aber fest, dass die politische Neuausrichtung in den USA die konjunkturelle Volatilität deutlich erhöht hat. Dazu tragen vorrangig die Unsicherheit über den weiteren Kurs des Handelspolitik und das Fehlen transparenter, dauerhafter Handelsabkommen bei. Die Kursänderung unter der Regierung von US-Präsident Donald Trump macht sich aber auch in anderen Bereichen bemerkbar. So trifft die starke Reduktion der Entwicklungshilfe vor allem die ärmsten Länder. Entwicklungshilfegelder dürften laut IWF in diesem Jahr so wie auch 2024 um etwa 9% zurückgehen.
Migrationspolitik birgt Gefahren
Ökonomische Risiken brigt auch die restriktive Migrationspolitik. Darunter leiden vor allem die Arbeitsmärkte. Betroffen sind insbesondere die USA, wo Unternehmen angesichts demographischer Veränderungen sich schwer tun, qualifizierte Fachkräfte zu finden. Dass der US-Jobmarkt nicht stärker betroffen ist, hängt laut WEO nur damit zusammen, dass derzeit auch der Bedarf an Arbeitskräften geringer ist. Eine weitere Gefahr sieht der IWF in den steigenden Staatsschulden. So ist die US-Schuldenquote nach Darstellung des WEO auf Kurs, von derzeit 122% bis 2030 auf 143% zu steigen. In der Eurozone wird die Quote von derzeit 87% in 6 Jahren 92% erreicht haben.
Unterdessen werden die Notenbanken divergierende geldpolitische Wege beschreiten. So erwartet der Währungsfonds, dass die Fed bis Jahresende den Leitzins um weitere 50 Basispunkte auf eine Zielzone von 3,5 bis 3,75% senken wird. Die Europäische Zentralbank (EZB) wird an einem Zins von 2% festhalten. Auch glaubt der IWF, dass die japanische Notenbank den Leitzins mittelfristig „in die Richtung eines neutralen Zinssatzes von 1,5% anheben wird“.
Wege zur Krisenprävention
Der WEO sieht aber auch Wege, um die Gefahren zu entschärfen. So würden stabile Handelsabkommen helfen, die Unsicherheit zu beheben. Ein Rückkehr zu den Zollsätzen des Vorjahres würde die globale Wirtschaftsleistung sogar um 0,3% anheben. Produktivitätsstigernde Investitionen in KI könnten das Wachstum um weitere 1,0% hoch treiben. Zudem müssten Länder Defizite abbauen und effizientere Ausgabenprogramme verabschieden. Der WEO spielt auch auf US-Präsident Donald Trumps Versuche an, die Geldpolitik zu politisieren. Unverzichtbar sei nämlich zur Wahrung des Preisstabilität der Fortbestand einer unabhängigen und transparenten Geldpolitik, betont der Weltwirtschaftsausblick.