Pandemie

Japan hebt monatelangen Corona-Notstand auf

Erstmals seit Monaten steht keine Region in Japan unter Notstandsgesetzen. Am Mittwoch wählen die Liberaldemokraten den Nachfolger des wegen seiner Coronapolitik zurückgetretenen Regierungschefs Yoshihide Suga.

Japan hebt monatelangen Corona-Notstand auf

dpa Tokio

Japan wird den Corona-Notstand zum Monatsende aufheben. Das kündigte der scheidende Ministerpräsident Yoshihide Suga am Dienstag an. Nach dem planmäßigen Ende der Maßnahmen am 30. September steht erstmals seit Anfang April keine Region mehr unter Notstand oder Quasi-Notstand. Die Zahl der Neuinfektionen sowie der Patienten mit schweren Symptomen habe dramatisch abgenommen, sagte Suga im Parlament.

Die Restriktionen werden stufenweise gelockert. Der Notstand in Tokio sowie 18 weiteren Präfekturen sah bislang im Wesentlichen vor, dass Restaurants keinen Alkohol ausschenken und früher schließen. Fortan ist Alkohol wieder erlaubt, die Restaurants sind aber aufgerufen, einen weiteren Monat lang früher zu schließen. Japan hatte den inzwischen fünften Notstand immer wieder verlängert und ausgeweitet. Einen Lockdown mit harten Ausgangssperren wie in anderen Ländern hat Japan seit Beginn der Pandemie jedoch nie verhängt.

Die Inselnation zählt rund 1,7 Millionen Infektionen und 17500 To­desfälle infolge von Covid-19. Die Infektionslage begann sich im Juli wieder zu verschlechtern und er­reichte Mitte August nach den Olympischen Spielen den vorläufigen Höhepunkt. Allein in der Hauptstadt Tokio stiegen die Neuinfektionen innerhalb eines Tages auf über 5000 Fälle. Das Gesundheitssystem drohte zu kollabieren. Tausende von Patienten mussten zu Hause bleiben, da sich für sie kein Krankenhausbett fand. Dass die landesweiten Neu­infektionen inzwischen auf rund 2000 Fälle täglich gesunken sind – weniger als ein Zehntel im Vergleich zum Höhepunkt Mitte August –, führen Experten auf die Beschleunigung des sehr spät begonnenen Impfprozesses zurück. Inzwischen sind 56% der Bevölkerung vollständig geimpft.

Wegen der Kritik an seiner Coronapolitik kündigte Regierungschef Yo­shihide Suga seinen Rücktritt an. An diesem Mittwoch wählt seine Partei LDP einen Nachfolger. Vier Kandidaten stellen sich zur Wahl, darunter erstmals zwei Frauen. Der Ausgang ist dabei so offen wie seit vielen Jahren nicht mehr. Jüngsten Umfragen zufolge favorisiert die Parteibasis mit Blick auf die spätestens im November anstehende Parlamentswahl den im Volk beliebten „Impfzar“ Taro Kono. Der frühere Außen- und Verteidigungsminister ist Minister für Verwaltungsreform und leitet die Corona-Impfkampagne. Unter den LDP-Abgeordneten liegt dagegen Ex-Außenminister Fumio Kishida vorne. Gegen sie kandidieren die stramm nationalkonservative Ex-Innenministerin Sanae Takaichi sowie die für die Rechte von Frauen, Alten und Behinderten eintretende LDP-Generalsekretärin Seiko Noda. Die beiden Frauen treten an, um die erste Ministerpräsidentin Japans zu werden, doch liegen sie in Umfragen derzeit hinten.

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