Japans Wirtschaft erleidet Rekordeinbruch

Erholung dürfte sich Jahre hinziehen

Japans Wirtschaft erleidet Rekordeinbruch

mf Tokio – Japans Volkswirtschaft ist im Zeitraum April bis Juni im Rekordtempo geschrumpft. Das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) brach saisonal bereinigt um 7,8 % zum Vorquartal ein, so stark wie nie zuvor in der Nachkriegszeit. Jedoch dürfte der Tiefpunkt erreicht sein. “Wir gehen davon aus, dass die Talsohle durchschritten ist, und werden alles tun, um über die Binnennachfrage auf den Wachstumspfad zurückzukehren”, erklärte Wirtschaftsminister Yasutoshi Nishimura.Für das Fiskaljahr 2020 (ab 1.4.) erwarten die japanische Regierung und die Notenbank im Schnitt einen BIP-Einbruch von 4,6 %. Analysten der Privatwirtschaft sind weniger optimistisch. Barclays Japan sagt einen Rückgang um 5,8 % und UBS Japan um 5,7 % vorher. Daher gehen viele Analysten davon aus, dass einige fiskalische Gegenmaßnahmen verlängert oder erweitert werden.Zwar fiel das BIP-Minus in Japan deutlich geringer aus als in Deutschland mit 10,1 % und den USA mit 9,5 %. Aber im Vergleich zu Chinas Einbruch im Pandemie-Quartal Januar bis März (minus 6,8 %) und der Konjunkturerholung von plus 3,2 % im Anschlussquartal sowie Südkoreas Abschwung (minus 3,3 %) machte die japanische Volkswirtschaft keine gute Figur. Zudem war Japans BIP schon in den beiden Vorquartalen durch die Erhöhung der Umsatzsteuer und den Handelskonflikt zwischen den USA und China zurückgegangen. Unterm Strich ist die Wirtschaftsleistung nun auf den Stand nach der Tsunami- und Atomkatastrophe vom März 2011 zurückgefallen.Das laufende Quartal wird auf der Basis der jüngsten Konjunkturdaten eine deutliche Erholung bringen. Aber nach dem vorherigen tiefen Fall rechnet die DZ Bank nicht mit einem schnellen Aufstieg. “Der Erholungseffekt wird nicht so stark ausfallen wie in einigen europäischen Ländern”, meinte Konjunkturanalyst Rütger Teuscher. Der Grund: Der Fremdenverkehr, die Gastronomie und die Exporte fielen vorerst als Wachstumsantriebe aus. Hohe StaatsverschuldungBis zu einer Rückkehr auf das Vorkrisenniveau könnte nach Ansicht einiger Ökonomen noch viel Zeit vergehen. Das Japan Center for Economic Research (JCER) rechnet damit, dass die Wachstumsrate erst 2024 das Niveau von vor der Pandemie wieder erreicht. Bis dahin wird gemäß dem Ausblick von JCER die Quote der Staatsverschuldung von 200 % des BIP auf 270 % steigen und die Arbeitslosigkeit wird sich auf 9 % nahezu verdreifachen.Der private Konsum als wichtigste Wirtschaftsstütze schrumpfte im Berichtszeitraum um 8,2 % zum Vorquartal. Dieser Rückgang verwundere aufgrund der zeitweisen Beschränkungen des öffentlichen Lebens nicht, kommentierte DZ-Bank-Analyst Teuscher. Dagegen hat die öffentliche Hand keinen Beitrag zum Wachstum geleistet. “Man hätte erwarten können, dass die expansiven Maßnahmen der Regierung mit zwei großen Fiskalpaketen vor der Jahresmitte deutlicher zum Tragen gekommen wären”, meinte Teuscher.Die Exporte zeigten bei einem Einbruch um 18,5 % überraschende Stärke. Hier spielte die Nachfrage aus China nach Halbleiterprodukten eine Rolle. Zudem sanken die Kapitalausgaben der privaten Unternehmen nur um unerwartet geringe 1,5 %. Jedoch wird dieser Wert bei der zweiten BIP-Schätzung aufgrund neuer Daten oft korrigiert.