Jobmarkt-Frühbarometer senden uneinheitliches Signal
Jobmarkt-Frühbarometer senden uneinheitliches Signal
Jobmarkt-Frühbarometer senden uneinheitliches Signal
IAB-Indikator steigt, Ifo-Index sinkt – 7 Prozent arbeiten nach Renteneintritt weiter
ba Frankfurt
Heiter bis wolkig oder trübe? Experten sind sich uneins in der Bewertung, wie sich der deutsche Arbeitsmarkt in den kommenden Wochen entwickeln wird. Denn das IAB-Arbeitsmarktbarometer hat im November wieder leicht zulegt, nachdem es im Oktober erstmals nach acht Anstiegen in Folge nachgegeben hatte. Das Ifo-Beschäftigungsbarometer wiederum ist im November gesunken. Im bisherigen Jahresverlauf schwankte es stark und ließ keine klare Richtung erkennen. Im November dürfte die Zahl der Arbeitslosen saisonbereinigt um 5.000 zunehmen und die Arbeitslosenquote bei 6,2% verharren, wird allgemein erwartet. Die Bundesagentur für Arbeit (BA) legt den Bericht am Freitag vor.
7% der Älteren arbeiten weiter
Die im Vergleich niedrige Arbeitslosenquote ist allerdings nicht zuletzt der Kombination aus dem Fachkräftemangel und dem Rentenbeginn der Babyboomer geschuldet. Eine höhere Erwerbstätigkeit Älterer gilt daher als wünschenswert. Laut einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) sind derzeit nach Erreichen der Regelaltersgrenze noch 7% der Älteren erwerbstätig – mit durchschnittlich 19 Wochenstunden. Unter ihnen sind vor allem Selbstständige sowie Menschen mit guter Gesundheit und höherem Ausbildungsniveau. Mit Blick auf den Fachkräftemangel stellt das DIW fest, dass Ältere mit 23% etwa ebenso häufig wie Jüngere in Mangelberufen tätig sind. In Berufen, in den der Fachkräftemangel lediglich droht, arbeiten rund 40% der Menschen, die jünger als 66 Jahre sind, aber nur 30% der Älteren.
148.000 MINT-Arbeiter fehlen
Vor allem in MINT-Berufen fehlt Personal, wie der Bericht des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zeigt. Dies setze Projekte vor allem in den Bereichen Digitalisierung, Klimaschutz, Infrastruktur und Verteidigung unter Druck, mahnt das IW. 148.500 Personen würden fehlen, heißt es, insbesondere in den Energie-/Elektroberufen, den Berufen der Maschinen- und Fahrzeugtechnik sowie der Metallverarbeitung und in den Bauberufen. Als einen entscheidenden Hebel zur Sicherung des Fachkräftebedarfs identifiziert das IW die Zuwanderung über die Hochschulen, denn viele Studierende hätten eine hohe Bleibeabsicht. Als Hürde für den Berufseinstieg erwiesen sich aber oft die Sprachanforderungen.
Die DIHK macht einen weiteren Wermutstropfen aus: Zehn Jahre nach Studienbeginn habe mehr als die Hälfte der 50.000 international Studierenden, die hierzulande einen Abschluss gemacht haben, das Land wieder verlassen, obwohl zwei Drittel ursprünglich bleiben wollten. "Das können wir uns nicht leisten", mahnte Achim Dercks, der stellvertretende DIHK-Hauptgeschäftsführer. Der DIHK empfiehlt daher, „die internationalen Studierenden bestmöglich auf ihrem Weg in den deutschen Arbeitsmarkt zu begleiten“. So sollten Bildungsausländer frühzeitig die Gelegenheit erhalten, Praxiserfahrungen in der Wirtschaft zu sammeln. Hochschulen könnten dazu beitragen, indem sie Kontakte zu regionalen Unternehmen und Kammern herstellen. Patenprogramme, die etwa gezielte Unterstützung im Bewerbungsprozess bieten, können das gute Ergebnis solcher Kooperationen sein.
Ifo-Barometer sinkt
Aktuell zeigen sich zudem die Unternehmen restriktiver in ihrer Personalplanung. Das Ifo Beschäftigungsbarometer sank im November um 1,0 auf 92,5 Punkte. „Viele Unternehmen streichen weiter Stellen“, sagt Ifo-Umfragechef Klaus Wohlrabe. „Aufgrund der stotternden Konjunktur bleibt die Entwicklung am Arbeitsmarkt schwach.“

Vor allem in der Industrie setzte das Barometer seine Abwärtsbewegung fort. Dort hält laut Ifo der Trend zum Personalabbau in fast allen Branchen an. Die Dienstleister seien nach einem kurzen Aufatmen im Vormonat wieder merklich vorsichtiger bei Neueinstellungen. „Insbesondere das Gastgewerbe plant, weitere Stellen zu streichen. Einzig die Rechtsberatungen und Steuerbüros wollen kräftig neues Personal einstellen“, analysieren die Münchner Wirtschaftsforscher. bei den Handelsunternehmen hat sich nicht nur die Stimmung eingetrübt, sie planen trotz anstehendem Weihnachtsgeschäft mit weniger Mitarbeitern. Allein im Baugewerbe steigt der Bedarf an Arbeitskräften etwas – das Barometer erreichte dort den höchsten Stand seit Mai 2022.
IAB-Barometer steigt
Im Gegensatz zu den Unternehmen zeigen sich die Arbeitsagenturen zuversichtlicher für den Jobmarkt: Das IAB-Arbeitsmarktbarometer legte leicht um 0,1 auf 100,4 Punkte zu. Dabei gab der Indikator zur Vorhersage der Arbeitslosigkeit leicht nach, die Beschäftigungskomponente hingegen stieg. „Lange Jahre entwickelte sich die Beschäftigung deutlich besser als die Arbeitslosigkeit. Heute sind beide gleichauf – für starke Jobzuwächse reicht es wegen der demographischen Schrumpfung nicht mehr“, erklärt IAB-Experte Enzo Weber. Dieses Hemmnis komme nun zur schon länger schwachen Konjunktur und den niedrigen Jobchancen von Arbeitslosen hinzu.
Etwas stabilisiert sehen Experten auch den europäischen Arbeitsmarkt. Das European Labour Market Barometer – der Frühindikator des Europäischen Netzwerks der öffentlichen Arbeitsverwaltungen und des IAB – kletterte um 0,3 auf 100,1 Punkte und überschritt damit erstmals seit Mitte 2023 die neutrale Schwelle von 100 Zählern. Seit Jahresbeginn zeigt sich eine tendenzielle Erholung des Barometers. Im November stiegen zwar beide Komponenten, jene zur Vorhersage der Arbeitslosigkeit blieb aber noch leicht pessimistisch und die Beschäftigungskomponente übersteigt die 100er Marke seit eineinhalb Jahren nur leicht. „Das European Labour Market Barometer hat die Tiefdruckzone verlassen. Einen sonnigen Ausblick macht das aber noch nicht“, erklärt Weber. Die Skala der Barometer reicht von 90 (sehr schlechte Entwicklung) bis 110 (sehr gute Entwicklung).
