NOTIERT IN BRÜSSEL

Junckers Weihnachtszeit im Berlaymont

Wie überall anders liegen auch in den Brüsseler Supermärkten längst Zimtsterne, Spekulatius und Schokoprinten in den Regalen und erinnern daran, dass die Adventszeit vor der Tür steht und auch Weihnachten nicht mehr fern ist. Welche Pläne...

Junckers Weihnachtszeit im Berlaymont

Wie überall anders liegen auch in den Brüsseler Supermärkten längst Zimtsterne, Spekulatius und Schokoprinten in den Regalen und erinnern daran, dass die Adventszeit vor der Tür steht und auch Weihnachten nicht mehr fern ist. Welche Pläne Jean-Claude Juncker genau für den Dezember schon geschmiedet hat, ist nicht bekannt. Aber so langsam dürfte sich der scheidende EU-Kommissionschef darauf einstellen, dass es wohl noch nichts wird mit Ruhestand und besinnlichen Adventswochen in der Luxemburger Heimat. Denn dass Junckers Nachfolgerin Ursula von der Leyen tatsächlich schon am 1. Dezember ihr Amt antreten kann, wird von Tag zu Tag unwahrscheinlicher. *Drei Nominierte aus von der Leyens ursprünglichem Team waren im EU-Parlament gescheitert. Zumindest sind mittlerweile alle Ersatzkandidaten benannt, seit die neue rumänische Regierung am Mittwoch zwei Namen nach Brüssel geschickt und von der Leyen dann sehr schnell die 51 Jahre alte Adina Valean ausgewählt hat, die nun das Verkehrsressort übernehmen soll. Doch selbst wenn der weitere Prozess nun völlig störungsfrei verlaufen sollte: Dass das EU-Parlament tatsächlich am 27. November über die komplette neue EU-Kommission abstimmen und diese dann vier Tage später ins Berlaymont-Gebäude einziehen kann, daran glauben nur noch notorische Optimisten. *Dazu müssten zunächst einmal heute die Finanz-Selbstauskünfte der drei Kandidaten vorliegen, damit am Dienstag der Rechtsausschuss des Parlaments entscheiden kann, ob Interessenskonflikte vorliegen. An der vorgelagerten Hürde des Rechtsausschusses waren Ende September schon die ursprünglichen Kommissionskandidaten aus Rumänien und Ungarn gescheitert. Auch in dieser Runde dürfte die Prüfung kein Selbstläufer werden – allen voran nicht für den Franzosen Thierry Breton, der ja direkt vom Chefsessel des IT-Dienstleisters Atos in die Brüsseler Behörde wechselt, wo er auch noch das wohl größte Ressort rund um Binnenmarkt, digitale Wirtschaft und Rüstungsindustrie erhalten soll. Breton hatte bereits zugesichert, sich vor Amtsantritt noch von einem millionenschweren Aktienpaket zu trennen. Geht im Rechtsausschuss alles glatt, könnten die eigentlichen Anhörungen in den Fachausschüssen eventuell am nächsten Donnerstag beginnen. Und auch hier dürften der Ressortzuschnitt und die geplante Aufgabenverteilung noch einmal sehr kritisch hinterfragt werden. Dass Ungarns Ersatzkandidat, der bisherige EU-Botschafter Oliver Varhelyi, für die Erweiterung der Union zuständig sein soll, gefällt nicht jedem Abgeordneten. *Ungelöst bleibt dann aber immer noch das Problem mit dem britischen Mitglied der neuen EU-Kommission. Laut EU-Vertrag muss London einen Kandidaten benennen. Und auch die jüngste Brexit-Verlängerung wurde nur unter der Bedingung genehmigt, dass auch Großbritannien bis zum Austritt noch einen Vertreter in die EU-Kommission entsendet. Doch hält sich Boris Johnson daran? Oder befürchtet er, dass die Benennung eines Kandidaten für Brüssel Wasser auf den Mühlen seiner Kritiker aus dem Lager der Brexiteers sein könnte? Ursula von der Leyen hat Johnson auf jeden Fall in einem Brief eine Frist bis Montag eingeräumt. Ob das EU-Parlament am 27. November über die neue EU-Kommission abstimmen könnte, wenn nur noch ein britischer Kommissar fehlen würde, ist rechtlich bislang nicht eindeutig geklärt. *Jean-Claude Juncker kann sich also schon einmal darauf einrichten, dass er einen weiteren Extra-Monat in Brüssel erhält. Viel zu tun hat er dann wohl nicht. In einem Brief an seine aktuellen Kommissare hat er schon klargestellt, dass es jetzt nur noch um “die Abwicklung laufender Geschäfte” gehe und dass man als Verwaltungskommission bis zum Amtsantritt von der Leyens einfach Kontinuität gewährleisten müsse. Das ist nicht viel. Da bleibt für die Weihnachtseinkäufe sicherlich noch genügend Zeit.