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Kaum Entspannung bei der Inflation

Die Inflation ist für alle Haushaltstypen in Deutschland im Oktober laut IMK auf unter 4% gesunken. Doch die Preise könnten schon bald wieder steigen. Denn Berlin plant eine Normalisierung der Mehrwertsteuer auf Energie.

Kaum Entspannung bei der Inflation

Kaum Entspannung bei der Inflation

IMK: Haushalte nähern sich an – Normalisierung der Mehrwertsteuer auf Energie würde Ärmere hart treffen – EZB-Vize warnt

Die Inflation ist für alle Haushaltstypen in Deutschland im Oktober laut IMK auf unter 4% gesunken. Doch die Preise könnten schon bald wieder steigen. Denn Berlin plant eine früh­zeitige Normalisierung der Mehrwertsteuer auf Energie. Auch Luis de Guindos warnt, der Kampf gegen die Inflation sei noch nicht vorbei.

ast Frankfurt

Die Inflationsrate ist in Deutschland im Oktober auf 3,8% gesunken. Auch für alle Haushaltstypen hierzulande ist die Teuerung unter 4% gesunken. Das geht aus dem Inflationsmonitor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung hervor. Allerdings, so schreiben die Ökonomen, dürfte eine normal hohe Mehrwertsteuer ärmere Haushalte überproportional treffen. Die Bundesregierung plant, diese bereits ab Januar statt erst ab April 2024 wieder auf 19% anzuheben. Auch aus dem EZB-Rat kommen neue Warnungen, dass der Kampf gegen die Inflation noch nicht gewonnen ist.

Haushalte nähern sich an

Die Spanne der Inflationsbelastung zwischen den verschiedenen Haushaltstypen ist im Oktober ebenfalls zurückgegangen. Zwischen der höchsten und niedrigsten haushaltsspezifischen Rate registrierten die IMK-Ökonomen eine Lücke von 0,6 Prozentpunkten. Im Jahr zuvor waren es noch 3,1 Prozentpunkte gewesen. Nach September 2023 zum zweiten Mal seit Beginn der drastischen Teuerungswelle waren dabei ärmere Haushalte, unabhängig von ihrer Größe, nicht mehr am oberen Rand der haushaltsspezifischen Inflationsraten zu verorten, sondern nun im unteren Bereich. Mit Blick auf das Gesamtjahr dürfte aber die Jahresrate bei der Inflation für Alleinlebende und Familien mit niedrigen Einkommen am höchsten ausfallen. Diese Haushalte waren über das ganze Jahr hinweg mit überdurchschnittlichen Teuerungsraten konfrontiert. Das lag dem IMK zufolge daran, dass ärmere Haushalte einen relativ gesehen größeren Teil ihres verfügbaren Einkommens für derzeit teure Energie ausgeben müssen.

Dass die allgemeine Inflationsrate von September auf Oktober um 0,7 Prozentpunkte zurückgegangen ist, führen die Experten auf leicht niedrigere Energiepreise zurück (siehe Grafik). Auch bei den Lebensmitteln stellten sie eine langsamere Verteuerung fest.

Soziale Schere öffnet sich

Nach wie vor liegen die Preise für Erdgas, Strom und Nahrungsmittel aber deutlich höher als vor den Preisschocks. Der Preis für Erdgas hat sich im Vergleich zum Vorpandemiejahr 2019 sogar verdoppelt. Eine vorgezogene Normalisierung der Mehrwertsteuer auf Energieprodukte würde die Privathaushalte stark treffen. Die Mehrwertsteuereinnahmen je Kilowattstunde – und damit der Beitrag dieser Steuer zum Gaspreis – wären dann bereits ab Januar rund doppelt so hoch wie noch 2019, heißt es vom IMK. Als Folge würde die Inflation im Startquartal dann um 0,2 Prozentpunkte höher ausfallen als ohne die vorgezogene Normalisierung. "Da die Belastung durch die Preise für Haushaltsenergie mit sinkendem Einkommen steigt, öffnet sich zudem die soziale Schere wieder", warnen die Autoren des Monitors.

EZB-Vize erwartet höhere Inflation

Auch EZB-Vize Luis de Guindos hält erneut steigende Inflationsraten in der Eurozone für möglich. Trotz der straffen Zinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) könnten die Preise in den kommenden Monaten zeitweise wieder zulegen, erklärte der Stellvertreter von EZB-Chefin Christine Lagarde auf einer Bankenkonferenz in Frankfurt. Zwar falle der starke Anstieg der Energie- und Lebensmittelpreise vom Herbst 2022 nun aus den Berechnungen heraus. "Aber wir gehen davon aus, dass der generelle Prozess der Disinflation mittelfristig anhalten wird", sagte de Guindos mit Verweis auf den Abwärtstrend bei der Teuerung. Die Inflation in der Eurozone war im Oktober auf 2,9% gesunken nach 4,3% im September. Zum Vergleich: Im Herbst 2022 lag die Teuerungsrate noch zeitweise bei über zehn Prozent.

"Die Energiepreise bleiben eine große Quelle der Unsicherheit angesichts der erhöhten geopolitischen Spannungen und den Auswirkungen fiskalischer Maßnahmen", sagte de Guindos. Bei der Zinssitzung im Dezember werden der Europäischen Zentralbank neue Konjunktur-und Inflationsprognosen der eigenen Volkswirte vorliegen. Dann hätten die Währungshüter mehr Daten und Klarheit, wie die bisherigen Zinserhöhungen in der Wirtschaft wirkten.

"Somit werden wir in einer besseren Position sein, die Inflationsaussichten und die erforderlichen geldpolitischen Schritte neu zu bewerten", sagte de Guindos.

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