Vorhersage von Zinsentscheiden

Kazāks ist bestes Orakel der EZB

Eine Analyse der Commerzbank zeigt, dass es nicht die prominenten Gesichter der EZB sind, die am besten die künftigen Zinsentscheide vorhersagen. Es lohnt sich ein Blick ins Baltikum.

Kazāks ist bestes Orakel der EZB

Kazāks ist bestes Orakel der EZB

Lettischer Notenbankpräsident sagt Zinsentscheidungen am genauesten voraus

mpi Frankfurt

Wenn es darum geht, die künftigen Zinsentscheide der EZB vorauszusagen, sollten Investoren ihren Blick ins Baltikum richten. Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung der Commerzbank, die mithilfe von Künstlicher Intelligenz die Reden, Interviews und Kommentare von EZB-Ratsmitgliedern untersucht hat. Dabei kam heraus, dass die Äußerungen des lettischen Notenbankpräsidenten Mārtiņš Kazāks und seines litauischen Amtskollegen Gediminas Šimkus die weitere Geldpolitik der EZB am besten abgebildet haben.

Kazāks zeichne aus, dass er seit Mitte 2022 – der untersuchte Beobachtungszeitraum – die wirtschaftliche und inflationäre Lage ähnlich einschätzte wie der gesamte EZB-Rat bei der nächsten geldpolitischen Sitzung. „Folglich zog er häufig auch die richtigen Schlüsse in Hinblick auf die Zinsentscheidung“, heißt es in der Analyse.

Auch Nagel vorne mit dabei

Auf den weiteren Plätzen folgen die Notenbankpräsidenten aus Finnland (Olli Rehn), Frankreich (François Villeroy de Galhau) und Deutschland (Joachim Nagel). EZB-Direktorin Isabel Schnabel, deren Äußerungen regelmäßig viel Beachtung finden, landet relativ weit hinten. Schnabel ist für ihre falkenhaften Äußerungen bekannt, die eine Minderheitsmeinung im Rat darstellen. Mit Falken sind Notenbanker gemeint, die tendenziell für eine restriktive Geldpolitik stehen. Da aber auch Kazāks zum Falkenlager gehört, kann dieser Umstand nicht erklären, warum Schnabel im Ranking nicht vorne landet.

Die Commerzbank hat dafür jedoch einen Erklärungsansatz parat. „In unserer Analyse fällt auf, dass sich in den Reden sämtlicher sechs Mitglieder des EZB-Direktoriums wenige Hinweis für die künftige Geldpolitik finden“, sagt Marco Wagner, Ökonom bei der Commerzbank. „Womöglich fühlen sich Christine Lagarde, Luis de Guindos, Piero Cipollone, Isabel Schnabel, Philip Lane und Frank Elderson in ihrer Eigenschaft als EZB-Direktoren verpflichtet, nicht im Vorhinein Meinungen zu kolportieren und Markterwartungen zu beeinflussen.“

Keine negativen Werte

Insbesondere die Stellungnahmen des Niederländers Frank Elderson enthalten nur wenige Indizien für die weiteren Zinsschritte der Notenbank. Er äußert sich aber ohnehin eher selten zur aktuellen Geldpolitik. In vielen seiner Reden geht es hauptsächlich um grüne Geldpolitik und Nachhaltigkeit. Doch auch bei Elderson sind immer wieder hilfreiche Hinweise zu finden, welche Zinsentscheide als Nächstes erfolgen. Wie bei allen anderen untersuchten EZB-Ratsmitgliedern ergibt die Analyse der Commerzbank bei ihm einen positiven Wert. Das bedeutet, dass er mehr richtige Signale sendet – also solche, die die Geldpolitik korrekt vorhersagen – als falsche.