Unternehmen verlieren Geduld mit Brüssel
Unternehmen verlieren Geduld mit Brüssel
Unternehmen verlieren Geduld mit Brüssel
Mehr Investitionen nur bei bürokratischen Entlastungen zugesagt
lz/Reuters/dpa-afx Kopenhagen
Siemens , Thyssenkrupp , RWE und 25 weitere europäische Unternehmen wollen ihre Investitionen in Europa bis 2030 durchschnittlich um die Hälfte erhöhen – sofern sich die Bedingungen für die Wirtschaft auf dem Kontinent verändern. „Vorausgesetzt, dass das regulatorische und finanzielle Umfeld in Europa durch Zusagen für Industrie, Wettbewerbsfähigkeit und Innovation verbessert wird, sagen europäische Unternehmen zu, mehr in Europa zu investieren“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung von knapp 30 großen Konzernen.
Zölle und China
So pochen die Firmen etwa auf den Abbau von Bürokratie und Hindernissen für den Binnenmarkt, eine schnellere Elektrifizierung des Kontinents, den Aufbau einer wettbewerbsfähigen und widerstandsfähigen Verteidigungsindustrie sowie Anreize für private Investitionen. Bei einem Treffen in Kopenhagen übergaben Unternehmensvertreter die Erklärung mit Vorschlägen zur Stärkung der europäischen Wettbewerbsfähigkeit an EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, den französischen Präsidenten Emmanuel Macron, die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen und an Polens Premierminister Donald Tusk.
Merz prangert Bürokratie an
Die EU hat einen riesigen Investitionsbedarf. Schätzungen zufolge sind bis zu 800 Milliarden zusätzlich bis 2030 notwendig. Wenn alle großen europäischen Unternehmen ihre Investitionen um die in der Erklärung genannten 50% steigerten, könnte diese Lücke bis 2030 geschlossen werden, hieß es in Kopenhagen.
Europas Unternehmen ächzten unter externen Faktoren wie hohen US-Zöllen, Konkurrenz aus China und Sicherheitsbedrohungen, hieß es weiter. „Doch auch interne Faktoren wie übermäßige EU-Regulierung, lange Genehmigungsverfahren, zu geringe Investitionen und begrenzter Zugang zu bezahlbarer grüner Energie belasten die europäischen Unternehmen.“
Zuvor hatte Bundeskanzler Friedrich Merz einen Abbau der Bürokratie in der EU angemahnt. „Es kann mit dieser Regulierungsdichte aus Europa, aus der Europäischen Union so nicht weitergehen. Es ist einfach zu viel“, sagte Merz am Mittwoch nach Ende der Kabinettsklausur in Berlin. Die EU-Kommission müsse hier ihrer Verpflichtung gerecht werden. „Auch da muss grundlegend korrigiert werden.“
Das Thema Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie sei jetzt seit zwei Jahren das Hauptthema, mit dem man sich in der Europäischen Union befassen müsse. Darüber werde man bei dem informellen EU-Gipfel sprechen. Beschlüsse würden aber erst auf dem regulären EU-Treffen Ende des Monats fallen. Das Bundeskabinett hatte zuvor eine Modernisierungsagenda beschlossen, die einen Abbau der bürokratischen Lasten in Deutschland um 25 Prozent möchte.
Fokus auf die Ukraine
Der informelle EU-Gipfel war von der Debatte um die Nutzung der eingefrorenen russischen Vermögen für die Ukraine dominiert. Entscheidungen werden aber erst Ende Oktober beim offiziellen Gipfeltermin erwartet.
Während sich etwa die Ministerpräsidenten Schwedens und der Niederlande hinter die Überlegung von Kanzler Friedrich Merz und der EU-Kommission stellten, äußerte sich Frankreichs Präsident Emmanuel Macron zurückhaltend. Die russische Regierung drohte unterdessen mit Gegenmaßnahmen, sollte es zur Nutzung des Geldes für die Ukraine kommen.
Seit Jahren wird diskutiert, ob man die rund 200 Mrd. Euro russischen Staatsvermögens, die in Belgien bei dem Unternehmen Euroclear lagern, für die Ukraine nutzen sollte. Merz hatte vergangene Woche vorgeschlagen, der Ukraine 140 Mrd. Euro an zinslosen Darlehen zur Verfügung zu stellen. Um eine Enteignung zu vermeiden, sollen mit dem Geld EU-Anleihen gekauft werden, die von der Ukraine bei der Zahlung russischer Reparationen nach einem Kriegsende beglichen werden sollen. Die EU-Regierungen sollen diese Anleihen durch Garantien absichern.