Globalisierung

KI versetzt globalem Handel neuen Schwung

Die WTO setzt große Hoffnung auf Künstliche Intelligenz als Katalysator für den Welthandel. Sie sieht sich hier auch in einer neuen Rolle und will Regeln setzen – sofern die Mitglieder mitspielen.

KI versetzt globalem Handel neuen Schwung

KI versetzt globalem Handel neuen Schwung

WTO drängt in die Position als globale Regulierungs- und Koordinationsinstanz für Künstliche Intelligenz

Die Welthandelsorganisation setzt große Hoffnung auf Künstliche Intelligenz als Katalysator für den Welthandel. Sie will die regelbasierte Handelsordnung darauf ausweiten, damit weniger entwickelte Volkswirtschaften ebenfalls davon profitieren.

lz Frankfurt

Die Welthandelsorganisation (WTO) setzt große Hoffnungen auf Künstliche Intelligenz (KI) als Impulsgeber für die Globalisierung in den nächsten Jahren. Wie die Handelsökonomen im jüngsten Trade-Report schreiben, gehen sie davon aus, dass Produktivitätsgewinne durch KI den Handel bis 2040 um fast 40% ankurbeln können.

Treiber des Wachstums sind die schnellere Erledigung und effizientere Gestaltung von Geschäftsprozessen durch Automatisierung, die erleichterte Beteiligung von kleinen Unternehmen am Handel insgesamt und die Ausweitung der handelsfähigen Produkten aufgrund niedrigerer Preise. Voraussetzung sei aber, räumt die WTO ein, dass die Handelsnationen alles daran setzen, die KI-Transformation auch sozialverträglich umzusetzen und weniger entwickelte Volkswirtschaften ebenfalls mit einbezieht.

In einer WTO-Umfrage gaben 90% der Unternehmen an, durch KI nicht nur mit einer Zunahme der Produktivität in der Produktion zu rechnen, sondern sich auch konkrete Vorteile bei handelsbezogenen Aktivitäten zu erhoffen. In ihren Prognosen geht die WTO davon aus, dass das globale Wirtschaftswachstum durch KI im Zeitraum bis 2040 um 12 bis 13% zulegen könnte.

Sofern die Rahmenbedingungen entsprechend gestaltet würden, könnte der Handel dann auch ein starker Motor für ein inklusives, KI-gestütztes Wachstum sein, hoffen die Ökonomen und setzen darauf, dass auch weniger entwickelten Volkswirtschaften durch den Handel der Zugang zu KI-fähigen Gütern wie Rohstoffen, Halbleitern und Zwischenprodukten erleichtert wird.

Niedrigere Handelskosten

„KI hat ein enormes Potenzial, die Handelskosten zu senken und die Produktivität zu steigern. Der Zugang zu KI-Technologien und die Fähigkeit zur Teilnahme am digitalen Handel sind jedoch nach wie vor sehr ungleich verteilt“, mahnt WTO-Generaldirektorin Ngozi Okonjo-Iweala. „Mit der richtigen Mischung aus Handel, Investitionen und ergänzenden politischen Maßnahmen kann KI in allen Volkswirtschaften neue Wachstumschancen schaffen. Mit den richtigen Rahmenbedingungen kann der Handel eine zentrale Rolle spielen, KI für alle nutzbar zu machen“, so Generaldirektorin Okonjo-Iweala.

In einem optimistischen Entwicklungsszenario geht die WTO davon aus, dass Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen ihre digitale Infrastrukturlücke zu Ländern mit hohem Einkommen um 50% verringern können und damit auch in der Lage sind, KI in größerem Umfang einzuführen. Unter dieser Voraussetzung könnte sich im Prognosezeitraum ein zusätzliches Wachstum von 15 bzw. 14% einstellen, wird prognostiziert. Im Referenzszenario der WTO legen die Einkommen der entwickelten Ländern durch den verstärkten Einsatz von KI (als Handelsware und durch die Nutzung) allerdings um 14% zu, bei Ländern mit niedrigem Einkommen sind es nur 8%.

Zölle angehoben

Einen Strich durch die Rechnung könnte dem Bericht zufolge die Beobachtung machen, dass die Zahl der quantitativen Beschränkungen für KI-bezogene Güter im Laufe der Zeit stark gestiegen ist von 130 im Jahr 2012 auf fast 500 im Jahr 2024. Vor allem Volkswirtschaften mit hohem und oberem mittlerem Einkommen würden sich solcher Beschränkungen bedienen. Dabei sei der Zugang zu KI-fähigen Gütern nach wie vor ungleich verteilt. Zur dieser Verfestigung trügen aber auch Volkswirtschaften mit niedrigem Einkommen bei, die Zölle von bis zu 45% verhängt hätten.

Um eine Vergrößerung der Ungleichheit durch KI innerhalb der Volkswirtschaften zu vermeiden sind der WTO zufolge mehr Investitionen in Bildung und Ausbildung sowie die Umsetzung geeigneter arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen notwendig. Denn KI könne auch Ungleichheiten verstärken, warnt die WTO, weil niedrigere Arbeitskosten als Wettbewerbsfaktor weniger entwickelter Länder nicht mehr so ins Gewicht falle.

Eigene KI-Handelsregeln?

Die WTO sieht sich daher in der Pflicht, selber eine größere Rolle bei der Regulierung und Koordinierung von KI zu spielen, zumal der Handel ein entscheidendes „Schmiermittel“ bei der weltweiten Verbreitung von KI sei. Eine verstärkte internationale Zusammenarbeit könnte eine breitere Beteiligung an der Entwicklung und dem Einsatz von KI fördern. Obendrein würde eine regelbasierte Handelsordnung auch zu mehr Rechtssicherheit führen, was ein sicheres Wachstumsumfeld für Investitionen und Innovationen schaffen würde, betonen die Ökonomen.

Zusätzliche Verpflichtungen der WTO-Mitglieder etwa durch eine stärkere Beteiligung am WTO-Abkommen über Informationstechnologie und aktualisierte Verpflichtungen im Rahmen des Allgemeinen Abkommens über den Handel mit Dienstleistungen, könnten KI insofern sowohl inklusiver als auch erschwinglicher machen, so dass mehr Länder davon profitierten.