NOTIERT IN MADRID

Koalition und die Tücken der richtigen Kommunikation

Die Symbolik ist bekanntlich ein wichtiger Faktor in der Politik. Die erste Sitzung der Ministerriege von Spaniens altem und neuem Ministerpräsident Pedro Sánchez - mit 22 Posten die größte seit 1978 - sollte eigentlich nicht mehr als eine...

Koalition und die Tücken der richtigen Kommunikation

Die Symbolik ist bekanntlich ein wichtiger Faktor in der Politik. Die erste Sitzung der Ministerriege von Spaniens altem und neuem Ministerpräsident Pedro Sánchez – mit 22 Posten die größte seit 1978 – sollte eigentlich nicht mehr als eine Foto-Angelegenheit sein, einen Tag nach der Vereidigung der Minister. Doch der Sozialist kündigte überraschend an, dass die wöchentliche Kabinettssitzung fortan nicht mehr freitags, sondern nun jeden Dienstag stattfinden wird. Offenbar kam das bei vielen Regierungsbeamten nicht gut an, da sie befürchten, nun öfter auch über das Wochenende an den Vorbereitungen für die Sitzung arbeiten zu müssen.Doch Sánchez geht es um den maximalen medialen Effekt der Ankündigung der vom Kabinett beschlossenen Wohltaten. Bislang war es so, dass die Regierungssprecherin zur Mittagszeit vor die Kameras trat, während sich viele Spanier bereits ins Wochenende verabschiedeten und die Wirkung der neuen Gesetze und Initiativen oft verpuffte (bei negativen Ankündigungen kann dies freilich von Vorteil sein). Mit dem neuen Termin am Dienstag bleibt also noch der ganze Rest der Arbeitswoche, damit Opposition und das Heer von politischen Kommentatoren in Rundfunk und Presse die Beschlüsse in aller Ruhe zerkauen können.Die Kommunikation wird für die Stabilität der ersten Koalitionsregierung seit Ende der Franco-Zeit von erheblicher Bedeutung sein. Daher vergab der Ministerpräsident die Rolle der Regierungssprecherin an Finanzministerin María Jesús Montero, die ein rhetorisch sehr versiertes politisches Schwergewicht der sozialistischen PSOE ist.”Wir werden mit mehreren Stimmen reden, aber eine einheitliche Botschaft verkünden”, erklärte Sánchez bei der Präsentation seiner sehr heterogenen Mannschaft. Denn diese Einheit ließen die linken Koalitionspartner gleich zu Beginn vermissen. Nach der erfolgreichen Wahl von Sánchez zum Regierungschef im Unterhaus ließ Unidas Podemos unmittelbar die Besetzung ihrer fünf Kabinettsposten an die Medien durchsickern, einschließlich einiger Staatssekretäre und Büroleiter. Die Sozialisten ließen sich mehr Zeit mit der Verkündung ihrer Minister. Dafür verstimmten sie den Partner mit der Einführung einer vierten stellvertretenden Ministerpräsidentin – der für Klimaschutz und Energiewende zuständigen Teresa Ribero, was mit Unidas Podemos nicht abgesprochen war.Einen ungewöhnlich harten Gegenwind hat die neue Linksregierung von der rechten Opposition und konservativen Medien zu spüren bekommen. Wenn man diesen Analysen und Vorwarnungen glaubt, steht Spanien unmittelbar am Abgrund und es droht der Exodus, vor allem von Menschen mit höheren Einkommen. Dabei ist Madrid sehr darum bemüht, hoch qualifizierte Spanier, die während der langen und schweren Wirtschaftskrise ins Ausland abgewandert sind, zurückzuholen. Laut Eurostat verließen zwischen 2007 und 2017 rund 87 000 Personen mit Hochschulabschluss das Land. Trotz der weiterhin hohen Arbeitslosigkeit von rund 14 % beklagen viele Branchen in Spanien einen Fachkräftemangel.Bei der Rückholaktion soll nicht nur der Brexit helfen. Die Sozialisten und Podemos haben in ihrem Regierungsabkommen Maßnahmen angekündigt, um die spanischen Emigranten, vor allem Forscher, zur Rückkehr zu bewegen. Das Arbeitsministerium der ersten Regierung von Sánchez hatte bereits vor einem Jahr einen entsprechenden Plan verabschiedet, der mit einem Budget von 24 Mill. Euro versehen wurde.Jedoch sind es vor allem die Regionalverwaltungen, die attraktive Anreize für Rückkehrer bieten, vor allem in jenen Gegenden, die unter dem demografischen Wandel und der Abwanderung junger Berufstätiger leiden. Kastilien-La Mancha etwa hat mit Hilfen von bis zu 3 000 Euro für die Umzugskosten in den letzten zwei Jahren mehr als 300 Spanier aus dem Ausland angezogen, wie die Zeitung “El País” berichtete. Die Regionen stellen aber nicht nur Geld zur Verfügung, sondern locken auch mit Dienstleistungen, wie Betreuung über Skype und Hilfen bei der Suche nach Wohnung und Job. Viele Unternehmen unterstützen diese Projekte. Dennoch dürfte ein entscheidender Faktor für Rückkehrer die wirtschaftliche Entwicklung unter der neuen Linksregierung sein.