ExklusivKonjunkturtableau

Konjunkturskepsis schlägt noch nicht durch

Im aktuellen Konjunkturtableau von ZEW und Börsen-Zeitung zeigt sich die zunehmende Konjunkturskepsis noch nicht.

Konjunkturskepsis schlägt noch nicht durch

Konjunkturskepsis schlägt noch nicht durch

Wachstumsprognosen im Tableau von ZEW und Börsen-Zeitung noch unverändert – „Rezession könnte durchaus länger dauern“

Von Alexandra Baude, Frankfurt

Die zunehmende Konjunkturskepsis zeigt sich im aktuellen Konjunkturtableau von ZEW und Börsen-Zeitung noch nicht. Wenn den schwachen Stimmungsbarometern nun auch die harten Daten folgen, dürften Prognosesenkungen nicht auf sich warten lassen. Mit Spannung dürfte auf die Industrieproduktion geblickt werden.

Die Aussichten für die Euro-Wirtschaft trüben sich immer weiter ein. Nachdem diverse Stimmungsindikatoren abwärts zeigen, wird nun erwartet, dass auch die harten Daten die Talfahrt fortsetzen. Insbesondere die Industrie steht im Fokus, die trotz nachlassender Materialengpässe die Produktion eher weiter drosselt – die Dienstleister können sich dem nicht mehr lange entgegenstemmen. In den anstehenden Sommerprognosen dürften die Wachstumserwartungen nach unten geschraubt werden, nachdem nun auch klar ist, dass die Euro-Wirtschaft im Winterhalbjahr in die Rezession gerutscht ist. Ein Bild, das sich im aktuellen Konjunkturtableau der Börsen-Zeitung und des Zen­trums für Europäische Wirtschafts­forschung (ZEW) noch nicht widerspiegelt.

Industrie ist Sorgenkind

Das derzeitige Sorgenkind ist die Industrie, die unter der globalen Nachfrageschwäche leidet. Es mangelt an Aufträgen, sowohl aus dem In- als auch dem Ausland. Die Produktionsschwäche dürfte also anhalten. Nach dem unerwartet kräftigen Rückgang von 4,1% im März dürfte die Fertigung im Mai wieder steigen – Ökonomen erwarten ein Plus von 0,7%. Länderdaten lassen allerdings zweifeln, ob das Statistikamt Eurostat am kommenden Mittwoch tatsächlich ein Plus in dem Ausmaß veröffentlichen wird.

Denn die deutsche Industrie hat den Ausstoß gerade mal um 0,3% im Monatsvergleich erhöht und damit das Minus von 2,1% im März bei weitem nicht aufgeholt. Auch in Spanien ist die Industrieproduktion im April merklich gesunken – laut Statistikamt Ine um 1,8%. Zudem war die Fertigung im März mit 1,3% doch nicht so stark gestiegen wie zunächst vermeldet. In Italien wiederum hat die Industrie im April den Output den vierten Monat in Folge gedrosselt, und zwar um 1,9%, wie das Statistikamt Istat am Freitag mitteilte. Ökonomen hatten hier einen Zuwachs von 0,2% erwartet. Eine noch stärkere Differenz ergab sich im Jahresvergleich: Das Herstellungsminus lag bei 7,2%, die Prognose bei −4,1%. Allein Frankreichs Industrie wies mit 0,8% im Monatsvergleich einen nennenswerten Produktionszuwachs auf, der einem Rückgang von 1,1% im März folgte. Die Ergebnisse der monatlichen Einkaufsmanagerumfrage lassen darauf schließen, dass die Produktion der Euro-Industrie nicht nur im ersten Quartal, sondern auch im zweiten Vierteljahr ein negatives Vorzeichen haben wird, wie es bei S&P Global heißt. Allerdings hat die Umfragerunde im Mai auch ergeben, dass ein gewisser Optimismus herrscht: So geht die Mehrheit der Befragten davon aus, in den nächsten zwölf Monaten mehr zu produzieren als derzeit.

“Deutlich robuster”

Zunächst aber dürfte die Industrie dazu beitragen, dass die Euro-Wirtschaft auch im zweiten Halbjahr nicht so recht auf die Füße kommen wird. Im Konjunkturtableau zeigt sich die wieder zunehmende Skepsis noch nicht – die Wachstumsprognose für das laufende Jahr liegt unverändert bei 0,7% (siehe Tabelle). Damit zeigt sich die Euro-Wirtschaft im Vergleich zur hiesigen Wirtschaft „deutlich robuster“ erklärt ZEW-Experte Michael Schröder. Für das gesamte Jahr 2023 wird hier – wie schon im Vormonat – ein Nullwachstum prognostiziert. „Die Rezession könnte daher durchaus länger dauern, scheint aber – zumindest bisher – nicht sehr stark auszufallen“, betonte Schröder.

Wenig Fortschritt bei der Inflation

Die Inflationsentwicklung bei den Verbraucherpreisen ist indes auf hohem Niveau rückläufig. In Deutschland ist die Jahresteuerungsrate im Mai auf 6,1% zurückgegangen. Im Monat zuvor lag sie noch bei 7,2%. Besonders bemerkenswert ist Schröder zufolge, dass der Index der Verbraucherpreise im Mai um 0,1% im Monatsvergleich zurückging. „Dies weist auf eine spürbar zurückgehende Verlaufsdynamik bei der Inflation in Deutschland hin.“ Gleichwohl bleibe die Prognose für das gesamte Jahr mit 6,0% unverändert (hoch).

Für die Eurozone beträgt die Inflationsrate im Mai ebenfalls 6,1%. Im April lag die Jahresrate bei 7,0%. Im Vergleich zum Vormonat blieb der Indexwert konstant. „Auch für das Eurogebiet lässt die Inflationsdynamik somit deutlich nach“, betonte Schröder. Für 2023 beträgt die Inflationsprognose unverändert 5,7%. Auch 2024 wird entsprechend den Prognosen der Experten die Zielmarke der Europäischen Zentralbank (EZB) noch verfehlt werden. Die für 2024 prognostizierten 2,6% zeigen allerdings, dass die Inflationsrate dem EZB-Inflationsziel deutlich näher kommen soll, als dies im laufenden Jahr der Fall ist.

Der erwartete Rückgang der Inflationsrate führt bei der Einschätzung der zukünftigen Geldpolitik laut Schröder zwar nicht zu einem Rückgang der Zinsprognosen, allerdings sollten die Drei-Monats-Zinsen in diesem und dem nächsten Jahr auf dem Niveau von 3,6% verharren und nicht weiter ansteigen.

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