GfK-Konsumklima

Konsumklima stürzt auf Rekordtief

Es gibt noch Argumente für ein Wirtschaftswachstum in Deutschland. Die Bundesregierung hat zwar die Prognose eingedampft, erwartet aber ein Plus. Die Verbraucher allerdings sind so mies gestimmt wie nie.

Konsumklima stürzt auf Rekordtief

ba Frankfurt

Die Konsumlaune der deutschen Verbraucher ist wegen der Sorgen vor den wirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Krieges sowie der Inflation im April auf ein historisches Tief abgestürzt. Bei den Unternehmen hingegen hat sich die Stimmung stabilisiert und sie gehen ihre Personalplanungen wieder etwas optimistischer an. Zumindest der private Konsum wird als Wachstumsstütze aber ausfallen, die erwartete Erholung der deutschen Wirtschaft nach dem Coronaeinbruch wird sich weiter verzögern. Nach zahlreichen Wirtschaftsforschungsinstituten hat daher nun auch die Bundesregierung ihre Prognosen eingestampft.

Die Nürnberger GfK prognostiziert für Mai ein Konsumklima von −26,5 Punkten nach revidiert −15,7 (zuvor −15,5) im April (siehe Grafik). Ökonomen hatten einen Rückgang auf lediglich −16,0 Zähler prognostiziert. Das bisherige Rekordtief aus dem Frühjahr 2020, also während des ersten Corona-Lockdowns, wurde laut den Marktforschern deutlich unterschritten. Ein spürbarer Anstieg der Sparneigung habe diesen Absturz noch beschleunigt. „Der Ukraine-Krieg sowie die hohe Inflation haben der Verbraucherstimmung einen schweren Schlag versetzt“, kommentierte GfK-Experte Rolf Bürkl das Ergebnis der GfK-Konsumklimastudie für April 2022. Die Hoffnungen auf eine Erholung als Folge der Lockerungen pandemiebedingter Beschränkungen hätten sich damit endgültig zerschlagen.

Kaufkraft schwindet

Neben der generellen Verunsicherung dämpfe vor allem die hohe Inflation, die im April auf 7,3% und damit den höchsten Stand seit Ende 1981 gesprungen ist, die Konsumlaune. „Wenn für Benzin, Heizöl und Gas deutlich mehr ausgegeben werden muss, bleiben entsprechend weniger finanzielle Mittel für andere Anschaffungen“, erklärte Bürkl die um 8,5 auf −10,6 Punkte gesunkene Anschaffungsneigung. Ein niedrigerer Wert wurde zuletzt im Oktober 2008 – zu Zeiten der Finanz- und Wirtschaftskrise – mit minus 20,1 Zählern gemessen. Auch die Einkommenserwartungen haben deutlich nachgegeben. Die nun 31,3 Punkte sind der schwächste Wert seit Februar 2003, als die GfK einen Wert von −32,8 Zählern ermittelte. Geht es nach dem Ifo-Beschäftigungsbarometer, haben sich die Aussichten auf dem Jobmarkt wieder etwas erholt. Das Barometer ist im April um 0,7 auf 102,8 Punkte gestiegen. „Die hohe Unsicherheit in der Wirtschaft durch den Angriff Russlands auf die Ukraine scheint keinen nachhaltigen Einfluss auf die Personalplanungen zu haben. Die Beschäftigung wird in Deutschland weiter steigen“, erklärte dazu Ifo-Experte Klaus Wohlrabe. Laut der jüngsten Ifo-Umfrage hat sich die Stimmung in den Unternehmen nach dem ersten Ukraine-Schock wieder gefangen. In der Industrie ist der Geschäftsklimaindex gestiegen, das Beschäftigungsbarometer jedoch gesunken. Insbesondere energieintensive Unternehmen „wollen sich mit Einstellungen zurückhalten“, sagte Wohlrabe. Im stark unter hohen Preisen und Materialmangel leidenden Baugewerbe ist die Einstellungsbereitschaft gegenwärtig nur sehr schwach ausgeprägt, ebenso wie im Handel.

Der GfK-Umfrage zufolge sehen die Verbraucher mittlerweile eine akute Rezessionsgefahr. Der Indikator der Konjunkturerwartungen ist um 7,5 auf −16,4 Zähler gesunken. Die Sorgen decken sich auch mit den Einschätzungen von Ökonomen, die in der Frühjahrsrunde ihre Wachstumsprognosen für das laufende Jahr wegen des Ukraine-Kriegs, der Sorgen um einen Stopp der russischen Energielieferungen, der sich wieder verschärfenden Lieferkettenprobleme und der anhaltend hohen Inflation kräftig eingedampft haben. Gestern nun hat auch die Bundesregierung ihre Projektion vorgelegt.

Drei Wachstumsargumente

Dass Deutschland noch ein Wachstum habe – in der Prognose sind 2,2% für 2022 und 2,5% für 2023 eingestellt –, liege im Kern an drei Dingen, führte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) aus: erstens, der Erholung nach der Corona-Pandemie mit der Öffnung von weiten Teilen des Dienstleistungsbereichs. Zweitens seien für die Auftragsbücher der Wirtschaft Rekordsummen zu vermelden – den Auftragsüberhang bezifferte er auf 100 Mrd. Euro. Drittens gebe es ein großes aufgestautes privates Vermögen von etwa 200 Mrd. Euro. Käme allerdings ein Energieembargo oder eine Blockade in der Gaslieferung dazu, „hätten wir eine Rezession“, mahnte Habeck. Deutschland werde sich aber „Schritt für Schritt aus der ­Klammer russischer Energieimporte lösen“. Zugleich tue die Bundesregierung alles, um die Substanz der deutschen Wirtschaft auch in schwerer Zeit zu erhalten.

Bei der Inflation erwartet Habeck vorerst keine Entspannung. Für 2022 wird eine Rate von 6,1% erwartet. 2023 soll die Teuerungsrate 2,8% betragen. Ende Januar lag die Voraussage 2,8 bzw. 0,8 Prozentpunkte niedriger.

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