Euro-Wirtschaft

Kräftige Kreditvergabe trotz Zinswende

Führt die aggressive Zinswende der EZB zu negativen Folgen für die Kreditvergabe und die Konjunktur? Neue Daten der Notenbank dämpfen solche Sorgen nun zunächst einmal.

Kräftige Kreditvergabe trotz Zinswende

ms Frankfurt

Trotz der beispiellos aggressiven Zinswende der EZB und dadurch deutlich verschärfter Finanzierungsbedingungen haben sich die Unternehmen im Euroraum im Oktober erneut kräftig mit Krediten eingedeckt. Die Banken vergaben im vergangenen Monat 8,9% mehr Darlehen an Firmen als vor Jahresfrist, wie die Europäische Zentralbank (EZB) am Montag mitteilte. Der Wert war damit gegenüber September unverändert. Höher hatte der Zuwachs zuletzt im Januar 2009 gelegen. An Privathaushalte reichten die Institute im August 4,2% mehr Kredite aus – nach 4,4% im September.

Die neuen Daten dämpfen zu­nächst einmal Sorgen, dass es infolge der Zinswende zu negativen Folgen der strafferen Geldpolitik für die Kreditvergabe und in der Folge für die Konjunktur kommen könnte. Seit der Zinswende im Juli hat die EZB wegen der rekordhohen Inflation ihren Leitzinsen um insgesamt 200 Basispunkte erhöht – so aggressiv wie nie. Jetzt steckt sie aber zunehmend in einem Dilemma zwischen der Rekordinflation von zuletzt 10,6% und Rezessionssorgen (siehe Text oben auf dieser Seite).

Für die EZB steht die Kreditvergabe im besonderen Fokus, vor allem jene an Unternehmen. Sie schaut sehr genau darauf, inwieweit im Zuge der wirtschaftlichen Abschwächung in­folge des Ukraine-Kriegs und der Verschärfung der Finanzierungsbedingungen auch ein Rückschlag bei der Kreditvergabe droht – was die Konjunkturschwäche dann wiederum verstärken könnte. Mit Blick auf die Investitionstätigkeit stehen vor allem die Firmenkredite im Mittelpunkt. Ein Anziehen der Investitionen gilt als zentrale Voraussetzung für einen selbsttragenden Aufschwung.

Im Oktober zog die Kreditvergabe an die Unternehmen nun erneut an. Die gesamte Kreditvergabe erhöhte sich mit einer Jahresrate von 5,0% – nach 5,5% im Vormonat. Dabei nahm die Kreditvergabe an Private um 5,2% (September: 5,7%) und die an den Staat um 4,6% (5,0%) zu.

Die Geldmenge M3 erhöhte sich unterdessen im Oktober um 5,1%. Volkswirte hatten mit einem deutlich stärkeren Anstieg der Messgröße um 6,2% gerechnet. Im September hatte das Plus noch bei 6,3% gelegen. Die Geldmenge M3 umfasst unter anderem Bargeld, Einlagen auf Girokonten sowie Geldmarktpapiere und Schuldverschreibungen. Das schwächere Wachstum ist ein Hinweis darauf, dass auch die Inflation künftig weniger hoch ausfallen könnte. Zuletzt hatten bereits andere Indikatoren Hoffnungen geschürt, dass der Höhepunkt bei der Inflation bald erreicht sein könnte. Sicher scheint das aber nicht zu sein, und der Rückgang könnte sich sehr zäh gestalten.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.