Geldpolitik

Lagarde spezifiziert Vorschlag für neue Forward Guidance

EZB-Präsidentin Christine Lagarde konkretisiert ihre Forderung nach einer Überarbeitung des Ausblicks für die Leitzinsen und die Anleihekäufe nach Abschluss der Strategieüberprüfung. Streit scheint programmiert.

Lagarde spezifiziert Vorschlag für neue Forward Guidance

ms Frankfurt

Der EZB-Rat muss nach Ansicht von EZB-Präsidentin Christine Lagarde bei der avisierten Neufassung der Forward Guidance für die Geldpolitik vor allem klarer machen, dass die Geldpolitik notfalls lange sehr expansiv bleibt und es keine voreilige Straffung gibt. Das sagte Lagarde in einem am Dienstag veröffentlichten Interview der „Financial Times“. „Wenn wir sagen, dass unsere Reaktion besonders kraftvoll oder lang anhaltend sein muss, dann ist ,lang anhaltend‘ meiner Meinung nach genau dafür gedacht zu signalisieren, dass wir nicht vorschnell straffen werden. Aber das wird in der Forward Guidance noch etwas klarer werden müssen“, so Lagarde.

Mit ihren Aussagen untermauert und konkretisiert Lagarde ihre Forderung nach einer Überarbeitung des Ausblicks für die Leitzinsen und die Anleihekäufe nach Abschluss der großen Strategieüberprüfung. Am Montag hatte Lagarde mit der Aussage für Aufsehen gesorgt, dass bereits bei der nächsten Sitzung am 22. Juli diskutiert werden müsse, inwieweit die Forward Guidance in Einklang mit der neuen Strategie gebracht werden könne (vgl. BZ vom 13. Juli). Das werde ein „wichtiges Treffen“. Die Erwartungen sind nun hoch, und Marktteilnehmer und Ökonomen spekulieren wild, was kommt.

Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte sich vergangene Woche erstmals seit 18 Jahren eine neue Strategie verordnet, in deren Zuge sie künftig ein mittelfristiges Inflationsziel von glatt 2% anstrebt, das zudem explizit symmetrisch angelegt ist. Zudem will sie falls nötig explizit höhere Inflationsraten tolerieren, um mittelfristig 2% zu erreichen. Darüber hinaus hatte die EZB erklärt, bei Erreichen der Zinsuntergrenze seien „besonders kraftvolle oder lang anhaltende geldpolitische Maßnahmen nötig, um zu verhindern, dass sich negative Abweichungen vom Inflationsziel verfestigen“.

Zumindest einige Hardliner im EZB-Rat dürften jedoch zu weitgehende Neuformulierungen der Forward Guidance ablehnen, die etwa die niedrigen Zinsen noch viel länger zementieren würden. Ähnliches dürf­te für den Ausblick zu den billionenschweren Anleihekaufprogrammen wie dem 1,85-Bill.-Euro-Corona-Notfallanleihekaufprogramms PEPP gelten. Die „Falken“ im Rat dringen auf ein möglichst baldiges Ende, die „Tauben“ mahnen zur Vorsicht.

Lagarde signalisierte nun, dass sie trotz der Einigung auf die Strategie künftig mit Streit rechne – womöglich auch schon bei der Neuformulierung der Forward Guidance. „Ich habe weder die Erwartung noch unterliege ich der Illusion, dass wir Einstimmigkeit erzielen werden bei allen Entscheidungen, die wir treffen“, sagte sie. Es werde vielmehr „einige Abweichungen, einige leicht unterschiedliche Positionen geben, und das ist in Ordnung“.

Portugals Notenbankchef Mario Centeno sagte am Dienstag, die EZB müsse bei der Neufassung ihren Handlungsspielraum bei der Inflation betonen. „Die Strategie lässt vorübergehende und moderate Inflationswerte von mehr als 2% zu“, sagte Centeno zu Reuters: „Wir müssen geduldig und tolerant sein bei Abweichungen, die wir vormals nicht toleriert hätten.“