Madrid liefert kaum Details über Strukturreformen

Ministerpräsident Pedro Sánchez hat die Zahlung des Wiederaufbaufonds der EU begrüßt. Aber es fehlt an Konkretem.

Madrid liefert kaum Details über Strukturreformen

Von Thilo Schäfer, Madrid

Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez hat die Zuwendungen aus dem EU-Wiederaufbaufonds als historische Chance gepriesen, um die langjährigen strukturellen Probleme des Landes zu beseitigen. Nach Italien bekommen die von der Pandemie stark gebeutelten Spanier das meiste Geld aus Brüssel, insgesamt 140 Mrd. Euro, je zur Hälfte Direkthilfen und Kredite. In dem Wirtschaftsplan, den Madrid an die EU-Kommission geschickt hat, sind die zahlreichen Investitionsvorhaben recht detailliert aufgeführt. Bei der Digitalisierung will man den Rückstand der kleinen Familienbetriebe beheben. Vom Ausbau der Elektromobilität und anderen Umweltprojekten soll auch der Tourismus profitieren, um ein rentableres, auf Nachhaltigkeit ausgerichtetes Modell einzuführen.

Doch was die großen Strukturreformen angeht, die man in Brüssel im Gegenzug für die Hilfen fordert, bleibt das Dokument eher schwammig, wie Experten finden, darunter die unabhängige Kontrollbehörde der Staatsfinanzen, Airef. Spanien verpflichtet sich zu umfangreichen Reformen beim Arbeitsmarkt, dem Steuersystem und den Renten in den kommenden zwei Jahren.

Als Erstes soll die Arbeitsmarktreform stehen, über die bereits mit den Tarifpartnern verhandelt wird. Eines der Ziele ist, den Missbrauch von zeitlich befristeten Jobs einzudämmen, bei denen Spanien mit einem Anteil von rund 25% in Europa an der Spitze steht. Nach dem Willen der Regierung sollen auch die Arbeitnehmerrechte bei Tarifverhandlungen gestärkt werden. Experten wie die spanische Notenbank bestehen jedoch auf das Beibehalten der jetzigen arbeitgeberfreundlichen Regeln.

Die Reform des Rentensystems soll bis 2022 stehen und die zunehmende Schieflage der Kasse korrigieren. Dazu denkt man über eine weitere Verzögerung des Renteneintrittsalters nach. Die Sánchez-Regierung will einen breiten, parteiübergreifenden Kompromiss. Doch danach sieht es wegen der extrem verhärteten Fronten in der spanischen Politik derzeit nicht aus.

Bezüglich der Steuerreform hat Spanien der Kommission ebenfalls keine konkreten Zahlen genannt, wie die Finanzministerin María Jesús Montero selbst eingestand. Man habe die Absicht, die große Lücke zum Rest Europas beim Steueraufkommen zu schließen. Denn die Abgaben betragen in Spanien nur 38% des Bruttoinlandsproduktes, weit weniger als anderswo. Madrid denkt über höhere Steuern für Großunternehmen nach. Auch bei den Ökosteuern ist noch Luft nach oben. Statt wie im Plan angekündigt 2022, könnte die Steuerreform erst ein Jahr später zustande kommen, wie Montero voraussagte. Zunächst einmal müsse sich die Wirtschaft von der Pandemie erholen. Für 2023 stehen die nächsten Parlamentswahlen an.