Marschall Vorwärts hält Wort

Von Angela Wefers, Berlin Börsen-Zeitung, 31.10.2012 Man könnte es als zunächst sprunghaften, dann degressiven Verlauf bezeichnen. Nach einer Aufstellung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Warth & Klein Grant Thornton hat der designierte...

Marschall Vorwärts hält Wort

Von Angela Wefers, BerlinMan könnte es als zunächst sprunghaften, dann degressiven Verlauf bezeichnen. Nach einer Aufstellung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Warth & Klein Grant Thornton hat der designierte Kanzlerkandidat der SPD, Peer Steinbrück, von 2009 bis 2012 insgesamt 89 Vorträge für ein Honorar von rund 1,25 Mill. Euro gehalten. 2009 – in dem Jahr schied er erst im Herbst als Bundesfinanzminister aus der Bundesregierung aus – waren es sechs Vorträge. 2010 schnellte die Zahl auf 41 Vorträge empor und ging 2011 auf 32 Vorträge zurück. Die angestrebte Kanzlerkandidatur warf in diesem Jahr ihre Schatten voraus: Steinbrück hielt sich 2012 zurück und nur noch zehn Vorträge gegen Bezahlung.Das “Standardhonorar” lag bei 15 000 Euro. Ausgerechnet das Stadtwerk Bochum zahlte mit 25 000 Euro im November 2011 das höchste Honorar. Das sagt wohl mehr über die Kassenlage bei Stadtwerken als über die Honorarforderung des SPD-Politikers. Eine Begründung konnte Steinbrück, der die angekündigte Vortragsliste in Berlin öffentlich machte, dafür nicht liefern.In derselben Zeit hielt Steinbrück nach eigenen Angaben 237 Vorträge und Reden unentgeltlich oder bat zumindest nur um eine Spende für mildtätige Zwecke. Umgerechnet käme er damit nur noch auf ein”bereinigtes Standardhonorar” von 3 834,36 Euro. Hätte er sich alle Vorträge zum “Standardhonorar” vergüten lassen, hätte er knapp 5 Mill. Euro erwirtschaftet. Soweit zu Zahlenspielen und Neiddebatten.”Peer Steinbrück hat Wort gehalten”, lobt ihn SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier. Auch die Grünen zeigten sich zufrieden mit der Transparenzoffensive. In der Tat hat Steinbrück in bester Manier des “Marschall Vorwärts” seine Kritiker schnell und offensiv ausmanövriert. Zu große Nähe zu seinen Auftraggebern haben ihm die Kritiker vorgeworfen, um an seiner Eignung als Kandidat für das höchste Regierungsamt zu kratzen.Die Banken, Sparkassen, Volksbanken, Bausparkassen, Anwaltskanzleien, Unternehmen oder Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, die ihn einluden, haben dies in einer Zeit getan, in der er kein führendes politisches Amt mehr innehatte und auch keines in Aussicht. Viel spricht dafür, dass sie allein den temperamentvollen und sachkundigen Redner gesucht haben. Steinbrück hat zudem die Regierungskoalition in Bedrängnis gebracht, die bislang wenig Lust verspürte, die Transparenzregeln im Bundestag schärfer zu fassen. “Mit meiner Veröffentlichung möchte ich ein Beispiel geben, das jetzt andere Parteien im Deutschen Bundestag aufnehmen sollten”, sagte der Kanzlerkandidat. So heroisch ist er nun auch wieder nicht, wie er klingt. Er hat nur geschickt die Gegenattacke gefahren.—–SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück hat seine Vortragshonorare transparent gemacht.—–