Mehr Firmenpleiten, aber weniger Jobs im Feuer
Mehr Firmenpleiten,
aber weniger Jobs im Feuer
IWH-Insolvenztrend nahezu auf 20-Jahreshoch
ba Frankfurt
Im Juli ist die Pleitewelle deutlich angeschwollen. Es sind so viele Firmen in die Insolvenz gerutscht wie seit 20 Jahren nicht – nur im April 2025 waren es mehr. Allerdings haben die Pleiten weniger Jobs als im Juni gekostet. Dieses Muster dürfte sich in den kommenden Monaten wiederholen, wie die vom Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) erhobenen Frühindikatoren zeigen, die dem Insolvenzgeschehen in der Regel zwei bis drei Monate vorauslaufen. Deren Höhe sei „ungewöhnlich und lässt auch für den Herbst hohe Insolvenzzahlen erwarten, die sich jedoch vergleichsweise moderat auf den Arbeitsmarkt auswirken werden“, sagt Insolvenzforscher Steffen Müller. Die Frühindikatoren sind so hoch wie nie in der Geschichte der seit Januar 2020 laufenden IWH-Erhebung und liegen rund 8% über dem bisherigen Höchstwert vom Juli 2024.
Saisonales Muster zum Halbjahr
Laut des IWH-Insolvenztrends ist die Zahl der Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften um 12% auf 1.588 gestiegen. Das sind 13% mehr als im Vorjahr und 64% mehr als in einem durchschnittlichen Juli der Vor-Coronajahre 2016 bis 2019. Ein Teil des Anstiegs lässt sich laut Müller durch ein saisonales Muster erklären: Zum Halbjahr komme es regelmäßig zu einer erhöhten Zahl von Neuanmeldungen, die sich in den Folgemonaten in der Statistik niederschlagen. Einige Insolvenzen sehr kleiner Unternehmen erschienen sofort in der Statistik, während größere Fälle mit Verzögerung – häufig erst im Oktober – offiziell eröffnet würden. Zudem bot der Juli in diesem Jahr mit 23 Arbeitstagen das Maximum an möglichen Verfahrensterminen.
Weniger Pleiten im Osten
Dabei zeigte sich regional ein gemischtes Bild, wie die Hallenser Forscher erklärten: In Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Berlin gab es neue Höchstwerte. Bayern liege nur knapp darunter. In vielen kleineren Bundesländern blieben die Werte dem IWH zufolge unauffällig, im Osten gingen sie sogar zurück.
„Wir sehen im Juli eine auffällig hohe Zahl an Insolvenzen bei gleichzeitig nur moderater Arbeitsplatzgefährdung“, sagt IWH-Experte Müller mit Blick auf die 10.000 betroffenen Jobs in den größten 10% der insolventen Unternehmen „Das liegt vor allem daran, dass es wenige Großinsolvenzen gab.“
Die Zahl entspricht sowohl dem Niveau von Juli 2024 als auch dem Juli-Durchschnitt der Zeit vor den Coronajahren. Im Vergleich zum Juni sind es sogar 39% weniger.