Reformvorschlag der Bundesbank zur Schuldenbremse

Mehr Investitionsspielraum für Infrastruktur, weniger für Verteidigung

Die Bundesbank schlägt Reformen zur Einbindung hoher Verteidigungsausgaben in die Schuldenbremse vor, um Deutschlands Verschuldung langfristig zu senken und Investitionen zu sichern.

Mehr Investitionsspielraum für Infrastruktur, weniger für Verteidigung

Schuldenbremse soll wieder ziehen

Bundesbank will Spielraum für Verteidigungsausgaben verringern − Drei-Stufen-Plan

wf Berlin

Die Bundesbank dringt darauf, die hohe Verschuldung in Deutschland einzudämmen. Dazu hat sie einen modifizierten Reformvorschlag für die deutsche Fiskalregel vorgelegt. Die hohen Verteidigungsausgaben sollen mittelfristig und sukzessive mit in die Schuldenbremse eingerechnet werden. Dies würde den Ausgabenspielraum für andere Vorhaben begrenzen. Für Investitionen will die Bundesbank mit einer gekappten „goldenen Regel“ mehr Spielraum schaffen, wenn das Sondervermögen Infrastruktur und Klimaneutralität erschöpft ist. Mit ihrem neuen Vorschlag passt die Bundesbank in einem Diskussionsbeitrag ihre Reformüberlegungen vom März und aus 2022 zur Schuldenbremse der aktuellen Lage an. Konkret schlägt sie in einem dreistufigen Reformprozess einen Weg vor, wie Deutschland aus der hohen Verschuldung herauskommen kann. Andernfalls steuert die Schuldenstandsquote auf 90% des Bruttoinlandsprodukt (BIP) zu.

Ziel ist es dem Bundesbank-Papier zufolge, solide Staatsfinanzen zu erreichen, staatliche Investitionen verlässlich abzusichern, den EU-Regeln Rechnung zu tragen und eine relativ stetige Haushaltspolitik zu ermöglichen. Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) hatte Ende Juli eine 15-köpfige Expertenkommission zur Reform der Schuldenbremse eingesetzt. Sie sollte ursprünglich noch in diesem Jahr Ergebnisse vorlegen. Die Bundesbank hat ihren Vorschlag dort eingebracht.

Das Bundesfinanzministerium teilt mit, die Kommission plane nun ihren Abschlussbericht im ersten Quartal 2026 vorzulegen. Das Gesetzgebungsverfahren solle im Anschluss zeitnah auf den Weg gebracht werden. Die Kommission tagte an diesem Dienstag zum fünften Mal. In vier parallelen Arbeitsgruppen für wesentliche Handlungsfelder einer Reform seien erste Bereiche für eine gemeinsame Verständigung identifiziert worden. Sie wurden nicht näher benannt. Im einzelnen geht es in den Arbeitsgruppen um die Verstetigung von Investitionen und Tragfähigkeit der Staatsfinanzen, um die Kompatibilität mit den EU-Fiskalregeln, um Bereichsausnahmen wie Verteidigung oder außergewöhnliche Notsituationen sowie um die Überwachung und Begrenzung der Staatsschulden.

Aktuell werden die Verteidigungsausgaben nur zu 1% des BIP in die Schuldenbremse einbezogen. Darüber hinausgehende kreditfinanzierte Ausgaben sind nicht durch die Fiskalregel limitiert. Das schuldenbasierten Sondervermögen soll für 12 Jahre reichen und wird ebenfalls nicht in die Schuldenbremse inkludiert. Bis 2029 will die Bundesbank die Kreditgrenzen unverändert lassen. Die strukturelle EU-Defizitquote steigt wegen der Verteidigungs- und Infrastrukturausgaben auf rund 4%.

Raum für Infrastruktur

In Schritt zwei will die Bundesbank von 2030 bis 2035 eine Übergangsphase anschließen, in der die Verteidigungsausgaben sukzessive in Schritten von 0,5% des BIP erhöht und damit stärker aus dem laufenden Haushalt finanziert werden. Die Ausgaben für Infrastruktur und Klimaneutralität aus dem Sondervermögen sollen mit 0,8% des BIP verstetigt werden. Bis dahin sollen Bund und Länder ihre Schuldenbremsen-Kreditgrenzen von 0,35% behalten. Die Ausschöpfung werde beschränkt, wenn es Konflikte mit den EU-Vorgaben gibt, schreibt die Bundesbank.

Der Prozess mündet in eine dauerhafte Zielzone von 2036 an mit adäquat ausgestalteter Schuldenbremse. Investitionen sollen privilegiert bleiben − mit einem zusätzlichen Kreditspielraum von 0,8% des BIP in der Schuldenbremse. Schon 2022 hatte die Notenbank empfohlen, bei einer komfortablen Schuldenstandsquote von weniger als 60% des BIP mehr Spielraum für neue Schulden einzuräumen. Sie hatte 0,5% des BIP nur für den Bund vorgeschlagen. Nun soll der Kreditspielraum bei je 0,35% für Bund und Länder bleiben. Bei überhöhter Verschuldung von mehr als 60% soll der Kreditspielraum für Bund und Länder auf 0,1% des BIP gestrafft werden. Dies gilt nur, wenn EU-Regeln nicht strikter sind.

Die Pflicht zur Tilgung von Notlagenkrediten will die Bundesbank streichen. Sie geht in den neuen Vorgaben auf, die eine Rückführung auf eine tragbare Defizitquote auf 1% des BIP vorsehen. Die Regelung hatte sich bislang nicht als sehr belastbar erwiesen. Die Tilgung wurde wiederholt auf spätere Jahre verschoben.