EU-Regulierung

Merz dringt auf Abschaffung des EU-Lieferkettengesetzes

Bundeskanzler Friedrich Merz hat beim Antrittsbesuch in Brüssel eine weitreichendere Rücknahme von EU-Gesetzgebung gefordert. Zugleich erklärte er, in der Handelspolitik folge die Bundesregierung eng dem Kurs Brüssels.

Merz dringt auf Abschaffung des EU-Lieferkettengesetzes

Merz dringt auf Abschaffung des EU-Lieferkettengesetzes

Kanzler will über geplanten Bürokratieabbau hinausgehen – EU-Schulden „nur im Ausnahmefall“ – Antrittsbesuch in Brüssel

wü/fed Paris/Frankfurt

Die neue Bundesregierung unterstützt die Brüsseler Pläne für eine Rücknahme der regulatorischen Anforderungen an Unternehmen, das sogenannte Omnibus-Paket. Die bisher vorgelegten Vorschläge sind aber nach Ansicht von Bundeskanzler Friedrich Merz noch nicht ausreichend. Er stimme damit überein, europäische Gesetzgebung zurückzunehmen, möchte aber „weiter darüber hinausgehen“. Die Vertagung von bestimmten Dossiers sei ein erster Schritt, die vollständige Aufgabe dann „der nächstfolgende“. Als Beispiel nannte Merz anlässlich seines Antrittsbesuchs in Brüssel „die CSDDD“, also das EU-Lieferkettengesetz. „Wir werden in Deutschland das nationale Gesetz aufheben, und ich erwarte von der EU, dass sie diesen Schritt nachvollzieht und diese Richtlinie aufhebt“, sagte der Bundeskanzler in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen. Das EU-Lieferkettengesetz sei aber „nur ein Beispiel von vielen, denn wir brauchen eine grundlegende Modernisierung“, fügte Merz an, ohne konkreter zu werden.

Wichtige Rolle in der EU

Grundsätzlich bekannte sich der Kanzler, der seine politische Laufbahn vor 35 Jahren im EU-Parlament begonnen hatte, zur EU, zur europäischen Integration und zum Binnenmarkt, „der noch nicht da ist, wo er sein sollte.“ Die neue Bundesregierung sei fest entschlossen, die wichtige Rolle in Europa zu spielen, die man von ihr erwarte. Die Ampel-Regierung war kritisiert worden, dass sie bei europäischen Abstimmungen oft erst in letzter Sekunde sprechfähig war. Wegen dieses Verhaltens, das sogar einen Spitznamen erhielt („German Vote“), hat die Bundesregierung Einfluss im politischen Prozess eingebüßt.

Angesprochen auf den Handelsstreit mit den USA berichteten von der Leyen und Merz über „gute Gespräche“ mit US-Präsident Donald Trump. Von der Leyen bekräftigte, dass alle Optionen auf dem Tisch blieben, während die EU nach wie vor eine Verhandlungslösung anstrebe und dabei auch bereit sei, die Zölle für alle US-Exporte in die EU auf null zu stellen. Zum Fortgang in den laufenden Verhandlungen wollte sie sich nicht äußern. Nicht sei entschieden, bis alles entschieden sei. Das Weiße Haus werde sie aber erst besuchen, wenn Vorschläge auf dem Tisch lägen, in die beide Seiten einwilligen könnten. Merz machte deutlich, dass er die EU-Position voll unterstütze. „Der Verhandlungspartner ist nicht Deutschland, Frankreich oder Polen, sondern die EU“, unterstrich Merz. Zugleich warb er dafür, den USA die gegenseitige Anerkennung technologischer Standards anzubieten. „Da liegt ein großes Potenzial für die Öffnung von Märkten.“

Auf die Frage, ob er sich mehr gemeinsame Schuldenfinanzierung der EU vorstellen könne, antwortete der Kanzler: „Ich teile die Auffassung der früheren Bundesregierung, dass wir es nicht zum Normalfall werden lassen dürfen.“ Die EU solle „nur im Ausnahmefall“ Schulden aufnehmen.

Klingbeil in Paris

Während Merz nach Brüssel reiste, besuchte Finanzminister Lars Klingbeil seinen Amtskollegen Eric Lombard in Paris. Kapitalmarktunion, Wettbewerbsfähigkeit, Verteidigung und Deregulierung gehören zu den Themen, die beide vorantreiben wollen. Deutschland werde viel in die Verteidigung investieren, versicherte Klingbeil. Es gehe auch darum, wie bestimmte Prozesse auf EU-Ebene effizienter gestaltet und gemeinsame Anschaffungen organisiert werden könnten. Lombard versprach, alles daranzusetzen, zu einem akzeptablen Defizit zurückzukehren. Die Ausgangsbasis der öffentlichen Finanzen in beiden Ländern sei zwar total unterschiedlich, aber es gäbe jetzt eine Konvergenz, da Deutschland beschlossen habe, sich stärker zu verschulden.

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