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Mexikos Ex-Finanzminister will Präsident werden

Von Andreas Fink, Buenos Aires Börsen-Zeitung, 29.11.2017 Der Rücktritt, den José Antonio Meade am Montag einreichte, ist tatsächlich der erste Schritt im Anlauf für den ganz großen Sprung: Der bisherige Finanzminister Mexikos möchte am 1. Juli...

Mexikos Ex-Finanzminister will Präsident werden

Von Andreas Fink, Buenos AiresDer Rücktritt, den José Antonio Meade am Montag einreichte, ist tatsächlich der erste Schritt im Anlauf für den ganz großen Sprung: Der bisherige Finanzminister Mexikos möchte am 1. Juli 2018 zum Präsidenten des 120-Millionen-Staates gewählt werden. Weil die Verfassung keine zwei Amtsperioden vorsieht, muss der bisherige Regierungschef Enrique Peña Nieto die Residenz Los Pinos im September 2018 räumen. Ab dem 3. Dezember können sich sämtliche Anwärter innerhalb der Regierungspartei PRI registrieren lassen. Ganz Mexiko geht davon aus, dass der 48-jährige Meade der prominenteste und aussichtsreichste sein dürfte.Das ist tatsächlich bemerkenswert, denn Meade war sein Leben lang noch nie Mitglied der “Partei der Institutionalisierten Revolution”, die Mexiko 80 Jahre lang mit derselben Selbstverständlichkeit dominiert hatte wie die CSU den Freistaat Bayern oder die SPD Nordrhein-Westfalen. Doch wie in den einstigen deutschen Hochburgen ist die Dominanz der einstigen Staatspartei in Mexiko gebröckelt, was zu den Wahlsiegen der Konservativen Vicente Fox und Felipe Calderón geführt hatte, die zwischen 2000 und 2012 das Land regierten. Calderóns gescheiterter Versuch, die Drogenmafia mit dem Militär zu besiegen, brachte dann die PRI zurück ins Spiel. Galan aus einer TelenovelaEnrique Peña Nieto, jung, attraktiv und ölig wie ein Galan aus einer Telenovela, war der Träger einer Hoffnung, die alsbald verpuffte. Hinter der Filmfassade blieb die PRI korrupt wie eh und je. Über den Präsidenten und die meisten wichtigen Minister haben sich mittlerweile dunkle Schatten gelegt. Nur nicht auf einen: José Antonio Meade, den aktuellen Finanzminister, der unter Peña Nieto zuvor auch schon das Sozialministerium und das Außenamt geleitet hatte.Tatsächlich war der Ökonom und Jurist mit Yale-Diplom bereits Energieminister unter dem Konservativen Calderón; er gilt zudem als Technokrat ohne jeglichen Stallgeruch in der PRI, deren traditionelle Machtzentren in den Gewerkschaften und den Bauernverbänden liegen.Dass sich Meade nach seinem Rücktritt gleich Zuspruch beim mächtigen Gewerkschaftsverband CTM und danach – ohne Krawatte – beim Sozialbewegungsverband sowie dem Bund der Kleinbauern holen konnte, demonstriert vor allem eines: den nicht zu stillenden Machtwillen der PRI. Sie hatte im Vorfeld ihre Statuten geändert, nur um zu ermöglichen, dass auch Parteifremde die Kandidatenlisten anführen können. Ein deutliches Eingeständnis dessen, was die Umfragen seit langen belegen: Keiner der sonstigen PRI-Prominenten hätte eine realistische Chance gegen den früheren Hauptstadtbürgermeister Andrés Manuel López Obrador, einen Linkspopulisten chavistischer Prägung.Die PRI-Führung ist offenbar entschlossen, den sachlichen und wenig charismatischen Meade gewissermaßen als Kandidaten der Vernunft und des Ausgleichs ins Rennen gegen López Obrador zu schicken, dessen wichtigster Wahlhelfer im Weißen Haus in Washington residiert. Mit jedem Tweet gegen mexikanische Einwanderer oder für den Mauerbau an der Südgrenze treibt Donald Trump dem Linksaußen Wählerstimmen zu.Meade, Nachkomme irischer sowie libanesischer Einwanderer, hat in Mexiko sowohl Recht als auch Wirtschaft studiert und danach in Yale einen Doktorgrad in Ökonomie erreicht. Als ehemaligem Außenminister ist ihm das internationale Parkett gewiss besser vertraut als die Niederungen der mexikanischen Klientelpolitik, aus denen die PRI für gewöhnlich ihre Kraft bezog. An der Parteibasis ist Meade bislang ebenso unbekannt wie im weiten Rest des Landes. Nun wird die Machtmaschine PRI gewiss alles daransetzen, das zu ändern.