PERSONEN

Michel Camdessus 85

det - Der frühere geschäftsführende Direktor des Internationalen Währungsfonds (IWF), Michel Camdessus, feiert am Dienstag seinen 85. Geburtstag. In Bayonne geboren, studierte er zunächst Spanisch, wandte sich dann aber bald den...

Michel Camdessus 85

det – Der frühere geschäftsführende Direktor des Internationalen Währungsfonds (IWF), Michel Camdessus, feiert am Dienstag seinen 85. Geburtstag. In Bayonne geboren, studierte er zunächst Spanisch, wandte sich dann aber bald den Wirtschaftswissenschaften zu. Ein Diplom erwarb Camdessus vom Pariser Institut d’études politiques und absolvierte ein Postgraduiertenstudium an der Eliteschule ENA (École nationale d’administration). Bei seinem ersten Arbeitgeber, der französischen Finanzverwaltung, diente er sich bis 1974 zum stellvertretenden Direktor des Schatzamts hoch. Auf dem internationalen Parkett profilierte sich Camdessus als Leiter des für Umschuldungsverhandlungen zuständigen Pariser Clubs. Dort hatte der Ökonom den Vorsitz, bis er 1984 zum französischen Notenbankchef ernannt wurde. Im Jahr 1987 löste er seinen Landsmann Jacques de Larosière an der Spitze des IWF ab. Hier wachte der Franzose über fundamentale Veränderungen. Nach dem Fall der Berliner Mauer und der Demokratisierung der Warschauer-Pakt-Staaten nahm der Fonds zahlreiche neue Mitgliedsländer auf. Als Reaktion auf die Krisen in Mexiko (1994) und Asien (1997) sowie schließlich Russland und Brasilien (1998) schnürte das Direktorium unter seiner Regie Kreditprogramme, die wegen der stringenten Auflagen, mit denen sie verbunden waren, teils scharf kritisiert wurden. Ins Kreuzfeuer der Kritik geriet Camdessus infolge der südostasiatischen Finanzkrise. Er war federführend bei der Genehmigung eines Hilfspakets in Höhe von 40 Mrd. Dollar, mit dem die Währungen Südkoreas, Thailands und Indonesiens gestützt werden sollten. Die damit verbundenen Konditionen galten als einer der Auslöser von Unruhen in Indonesien, und der IWF-Chef sah sich dem Vorwurf ausgesetzt, undifferenziert dieselben Patentrezepte wie zuvor zur Bekämpfung der Peso-Krise angewandt zu haben.Nach der Krise in Russland hieß es, Camdessus habe sich mit der Kreditvergabe an ein Land, welches die IWF-Auflagen faktisch ignorierte, lediglich politischem Druck gebeugt. Prominente Ökonomen wie Rüdiger Dornbusch forderten gar seine Entlassung. Camdessus hielt sich aber noch zwei Jahre an der Spitze des IWF. Unter Experten fällt die Bewertung der Ära Camdessus durchwachsen aus. Dabei wird ihm keiner absprechen, den IWF nach humanitären Prinzipien geführt zu haben. Zudem nahm er sich selbst nie allzu ernst. Vor seinem Abschied gefragt, welche Qualitäten sein Nachfolger – der ehemalige deutsche Bundespräsident Horst Köhler – mitbringen müsse, meinte er: “Viel Humor.”