Wahl in Argentinien

Mileis Triumph und neuer politischer Tonfall

US-Präsident Trump hatte gedroht, im Falle einer Niederlage von Präsident Javier Milei das Land in den „Default“ stürzen zu lassen. Das gewirkt – könnte aber auch ein Neuanfang sein für Argentinien.

Mileis Triumph und neuer politischer Tonfall

Mileis Triumph und neuer politischer Tonfall

Der „wahre“ Wahlsieger heißt Trump – Argentinien zwischen Aufbruch und Bewährungsprobe

af Buenos Aires

Javier Milei hat Argentiniens Zwischenwahlen klar gewonnen – und damit ein neues Mandat erhalten, sein radikal-liberales Reformprogramm fortzuführen. Seine Partei La Libertad Avanza (LLA) kam auf rund 41 % der Stimmen und lag neun Punkte vor der peronistischen Opposition. Besonders spektakulär war der Sieg in der Provinz Buenos Aires, wo Mileis Bewegung noch im September deutlich verloren hatte. „Heute beginnt der Aufbau eines großen Argentiniens“, verkündete der Präsident in seiner Siegesrede.

Der Wahlausgang stärkt Milei erheblich. Zwar verfügt er im Kongress weiter über keine absolute Mehrheit, doch seine Zugewinne erlauben es ihm, allfällige Vetos abzusichern und das Risiko einer Amtsenthebung zu umgehen. Zudem besteht nun eine Chance, mittels politischer Allianzen gehaltvolle Gesetze zu erlassen, für die er bislang keine Unterstützung bekam. Damit gewinnt seine Politik der strikten Ausgabenkontrolle und marktwirtschaftlichen Erneuerung an Gewicht. Doch zeigt die trotz gesetzlicher Wahlpflicht niedrigste Wahlbeteiligung seit 1983 auch die Entfremdung vieler Bürger.

Drastische Kürzungen

Seit seinem Amtsantritt Ende 2023 hat Milei mit drastischen Kürzungen und einer harten Haushaltslinie die Inflation stark gedrückt und die Armut verringert. Zugleich brachte das Reallohnverluste, enorme soziale Spannungen und wirtschaftliche Unsicherheit mit sich. Nach der verlorenen Regionalwahl kam der Peso massiv unter Druck, bis die US-Regierung unter Donald Trump kurz vor der Wahl mit einer 20-Milliarden-Dollar-Swap-Linie und Peso-Käufen auf dem offiziellen und dem Parallel-Markt einsprang – eine unorthodoxe Maßnahme, die den Kurs halbwegs stabilisierte und Mileis Sieg wohl mit absicherte.

Die Märkte reagierten begeistert. In New York stiegen argentinische Aktien im vorbörslichen Handel teils um über 30 %. Bankwerte führten die Rally an: BBVA (+35 %), Banco Macro (+34 %), Galicia (+33 %) und Supervielle (+29 %). Energiekonzerne wie Edenor (+29 %), Pampa Energía (+28 %), YPF (+27 %) und Central Puerto (+24 %) legten ebenfalls kräftig zu. Selbst Industrietitel wie Loma Negra oder IRSA gewannen über 20 %, Staatsanleihen bis zu 23 %. Der Risikoaufschlag fiel erstmals seit Jahren unter 1.000 Basispunkte. Sollten die Risikoaufschläge unter 500 Punkte sinken könnte Argentinien wohl wieder Zugang zu den internationalen Kapitalmärkten erhalten – ein zentrales Ziel von Mileis Regierung.

Rolle der Devisenreserven

Gleichzeitig warten immer noch gewaltige Aufgaben: 2026 und 2027 müssen Schulden von mehr als 40 Mrd. US-Dollar bedient werden, wofür der Aufbau von Devisenreserven dringend erforderlich ist. Das wird den Peso entwerten, den die meisten Ökonomen freilich schon lange für überbewertet halten. Wie auch der IWF fordern sie, die Währung völlig freizugeben. Aber Milei und sein Finanzminister Luis Caputo zögern – zu groß ist die Angst vor neuen Preisschüben.

Bemerkenswert an diesem Wahlsieg ist nicht nur die politische Konsolidierung von La Libertad Avanza, sondern auch der neue Ton des Präsidenten. In seiner Rede verzichtete Milei auf persönliche Angriffe und sprach von Kooperation: „Es gibt viele Abgeordnete und Senatoren anderer Parteien, mit denen wir grundlegende Übereinkünfte finden können.“ Er wolle mit „rationalen, prokapitalistischen Akteuren“ zusammenarbeiten – eine ungewohnte Rhetorik für den bislang oft aggressiven Staatschef. Beobachter werten das als mögliches Signal für eine konstruktivere zweite Halbzeit seiner Amtszeit.

Abwehr gegen Peronisten

Auch institutionell markierte diese Wahl einen Einschnitt: Erstmals wurde in ganz Argentinien ein einheitlicher Stimmzettel (boleta única) verwendet, der Transparenz und Manipulationsschutz erhöht. 

Aber Mileis Sieg war nicht unbedingt Ausdruck des Zuspruchs zu dessen hartem Sparkurs, sondern vor allem eine Folge der Abwehrreaktion vieler Wähler gegen ein Wiedererstarken der Peronisten. Eine Rekordzahl an Wählern wollte weder den einen noch den anderen die Stimme geben. Tatsächlich hat Milei hat am Sonntag gut 10 Millionen Stimmen bekommen, weniger als das Rekordergebnis von 14.555.267 in der Stichwahl 2023. 

Nun kommt es darauf an, ob der Präsident in den nächsten Monaten Allianzen schmieden kann, etwa bei den überfälligen Reformen von Steuern, Arbeitsrecht, Renten und Föderalismus.

Noch ist offen, ob seine am Wahlabend demonstrierte Mäßigung mehr als eine Momentaufnahme ist. Doch erstmals scheint die Aussicht auf eine pragmatischere, kooperationsbereitere Politik zu bestehen. Wenn Milei diesen Schwung nutzt, könnte er nicht nur die Märkte beruhigen, sondern auch das Vertrauen vieler Argentinier zurückgewinnen.