Bundeshaushalt

Netto­kredit­aufnahme unter Plan

Der Bund hat 2021 weniger neue Kredite gebraucht als befürchtet. Gleichwohl lagen Kredite und Ausgaben im zweiten Corona-Krisenjahr deutlich über denen von 2020.

Netto­kredit­aufnahme unter Plan

wf Berlin

– Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat vor dem Bundestag das Ziel nachhaltiger Stabilität der Staatsfinanzen betont. „Dem sorgsamen Umgang mit Haushaltsmitteln fühle ich mich auch bereits jetzt verpflichtet“, sagte Lindner vor den Abgeordneten bei der Vorstellungsrunde der Minister der neuen Regierung. Nach dem vorläufigen Kassenabschluss des Bundeshaushaltes 2021 habe der Bund trotz des Nachtragshaushaltes 24,8 Mrd. Euro weniger neue Schulden gemacht als von der Vorgängerregierung geplant. „Damit wird die Nettokreditaufnahme reduziert“, versprach Lindner. „Wir tun also das, was nötig ist, aber es wird nicht ausgereizt, was möglich wäre“, hielt der Minister fest.

Gleichwohl stieg die Nettokreditaufnahme im vergangenen Jahr auf 215,4 Mrd. Euro – nach 130,5 Mrd. Euro im ersten Corona-Krisenjahr 2020. Selbst ohne den Nachtragshaushalt von 60 Mrd. Euro der neuen Ampel-Regierung hätte die Nettoneuverschuldung mit rund 155 Mrd. Euro noch über der des Vorjahres gelegen. Die schwarz-rote Regierung und Lindners Vorgänger Olaf Scholz (SPD) hatten vom Bundestag Kreditermächtigungen von 240 Mrd. Euro für 2021 genehmigt bekommen. Bereits im Herbst zeichnete sich ab, dass dieser Rahmen nicht werde ausgeschöpft werden müssen. Mit der Wiederbelebung der Wirtschaft nach der Frühjahrswelle 2021 der Corona-Pandemie kamen deutlich mehr Steuereinnahmen in die öffentlichen Kassen, als nach der Steuerschätzung erwartet worden war.

Laut vorläufigem Abschluss nahm der Bund 2021 rund 313,5 Mrd. Euro Steuern ein – mehr als 2020 mit 283,3 Mrd. Euro und 29,5 Mrd. Euro mehr als für 2021 kalkuliert. Dabei lagen die Ausgaben des Bundes im zweiten Jahr der Coronakrise 2021 mit 557,1 Mrd. Euro mit Abstand über dem Niveau des Vorjahres von 443,4 Mrd. Euro. Dies waren aber dennoch 15,6 Mrd. Euro weniger als erwartet. Allein 6 Mrd. Euro davon entfielen auf Zinsausgaben. Die sonstigen Einnahmen blieben mit 28,2 Mrd. Euro um 20,4 Mrd. Euro hinter der Planung zurück. Investiert hat der Bund 2021 rund 45,8 Mrd. Euro – der zweithöchste Wert bislang. Übertroffen wurde dieser nur 2020 mit 50,3 Mrd. Euro. Der Ausschöpfungsgrad der Investitionen liege bei 77,2% und konnte gegenüber dem Vorjahr noch einmal um 6,5 Prozentpunkte gesteigert werden, teilte des Bundesfinanzministerium mit.

„Schuldenquote reduzieren“

Für den Gesamtstaat stieg laut Ministerium die Schuldenstandsquote 2021 weniger als geplant. Sie habe voraussichtlich nur rund 70,25% des Bruttoinlandsprodukts erreicht. Damit bleibt die Quote deutlich unter dem Wert in der Finanzkrise im Jahr 20210 von rund 82% und unter dem Niveau in anderen G7-Industrienationen. Die Bundesregierung arbeitet daran, 2023 zur Schuldenbremse zurückzukehren. „In den Folgejahren ist es mein Ziel, die deutsche Schuldenquote zu reduzieren“, sagte Lindner. Es werde keine Steuererhöhungen geben. Stattdessen arbeite die Ampel an Entlastungen, versprach er. Die Regierung werde bei allen Herausforderungen verbindliche Fiskalregeln respektieren. „Diese Haltung vertreten wir in Europa und auch im Rahmen unserer G7-Präsidentschaft“, sagt der Minister.

Offen zeigte er sich in der europäischen Reformdebatte über eine Weiterentwicklung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes „für Sinnvolles“. Der Pakt mit seinen Fiskalregeln und seiner Flexibilität habe sich aus deutscher Sicht aber bewährt. Transparente Regeln und die finanzpolitische Eigenverantwortung der Mitgliedstaaten sieht er als unverzichtbare Voraussetzungen für Stabilität.

Finanzstaatssekretär Florian Toncar erwartet in der Debatte in Europa einen Paradigmenwechsel. Laut Nachrichtenagentur Reuters sagte er bei einer Veranstaltung im Ministerium, „vielleicht schon sehr, sehr bald“ werde sich „in Europa gar nicht mehr die Frage stellen, wie viel Verschuldung erlauben die Regeln und wie kann man sie vielleicht noch weiter verschieben, sondern wie viel Verschuldung erlauben die Märkte, wie viel Verschuldung ist eigentlich sinnvoll“.