Neue Preisdaten erhöhen Zinssenkungsdruck auf EZB
Neue Preisdaten erhöhen Druck auf EZB
Deutsche Erzeugerpreise überraschend deutlich gesunken – IMK-Ökonom: Leitzinspause war ein Fehler
Ein Blick auf die Preispipeline, die später die Inflationsdaten beeinflusst, zeigt: Die Teuerung bleibt moderat – eher besteht das Risiko eines Durchsackens wegen schwacher Wirtschaft, der Kaufzurückhaltung der Verbraucher und der Trumpschen Zollwirkungen. Die EZB muss ihre Lageeinschätzung überdenken.
lz Frankfurt
Die deutschen Erzeugerpreise sind im August so kräftig gefallen wie seit über einem Jahr nicht mehr. Die Hersteller gewerblicher Produkte – von Nahrungsmitteln bis hin zu Industriegütern – verlangten durchschnittlich 2,2% weniger als ein Jahr zuvor, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Einen so starken Rückgang gab es zuletzt im Mai 2024. Ökonomen hatten im Schnitt nur ein Minus von 1,7% auf dem Zettel. Im Juli waren die Erzeugerpreise bereits um 1,5% gesunken.
Die Entwicklung ist insofern ein wichtiges Signal für die Verbraucher und zugleich für die Geldpolitik, weil die Erzeugerpreise die Teuerung zeigen, wie sie sich in der Pipeline hin zum Groß- und Einzelhandel offenbart. Dort angekommen dürften sie auch auf die allgemeine Inflation drücken, welche für die EZB der zentrale Maßstab ist.

Inflation auf Zielmarke
Die Inflation im Euroraum lag im August sogar auf der Zielmarke der EZB bei 2,0%. Sie ist nachträglich leicht herunterrevidiert worden. In Deutschland sind es nach europäischer Rechnung noch 2,1%. In Frankreich lag sie zuletzt sogar bei 0,8%. Die neuen Signale von den Erzeugerpreisen könnten also durchaus auf einen gewissen Handlungsdruck seitens der EZB hindeuten oder bestehende Haltungen zum aktuellen EZB-Kurs verstärken.
Im September hatte die EZB den Einlagensatz auf 2,0% belassen, obwohl laut dem jüngsten Sitzungsprotokoll einige Ratsmitglieder durchaus die Befürchtung geäußert haben, dass durch die Auswirkungen des Handelskonflikts der USA mit dem Rest der Welt die Teuerung im Euroraum stark gedämpft werden und die Zielmarke nach unten durchbrechen könnte. Dieses Risiko halten die Ökonomen der EZB allerdings für überzeichnet, weshalb sie zur Beibehalten des aktuellen Kurses geraten haben.
Energiepreise im Blick
Ihr Argument zielt vor allem auf den preisdämpfenden statistischen Basiseffekt bei den Energiepreisen ab, der ausläuft. Das gilt auch für die deutschen Erzeugerpreise. Hauptgrund für die niedrigeren Preise war auch hier die billigere Energie. Sie kostete 8,5% weniger als im August 2024. Klammert man Energie aus, stiegen die Erzeugerpreise im August um 0,8% zum Vorjahr, was allerdings auch insgesamt preisdämpfend wirkt. Und zum Vormonat gingen die Erzeugerpreise auch noch um 0,5% zurück.
Blickt man auf den gesamten Euroraum, so ist die Preisdämpfung ähnlich ausgeprägt: Die Erzeugerpreise im Währungsraum haben im Juli mit 0,2% nur leicht zugelegt zum Vorjahresmonat, und auch im Vormonatsvergleich um 0,4%.
Unter der Zielmarke 2026
Das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) hält die von der EZB verfügte Leitzinspause denn auch für „einen Fehler“. Die Inflation werde 2026 sogar unter der Zielmarke liegen, kritisiert IMK-Ökonomin Silke Tober, und verweist auf das „Risiko einer mittelfristig sogar zu niedrigen Inflation“. Dem Inflationsmonitor zufolge erzürnt die Teuerung die Verbraucher vor allem bei den Lebensmittelpreisen. Anderswo sei sie geringer ausgeprägt. Mit Blick auf Deutschland meint sie: „Gerade in der aktuell kritischen Phase, bevor die staatlichen Investitionen an Breite gewinnen, hätte die EZB, die die Investitionsschwäche durch ihre übermäßig restriktive Geldpolitik bewusst mit herbeigeführt hat, einen Beitrag zur Stärkung der Investitionstätigkeit leisten müssen.“