Expertenkonferenz

Neuer Schwung für deutschen Finanzmarkt

Die Bundesregierung ringt intern noch um zentrale Fragen bei der Ausgestaltung der kapitalgedeckten Altersvorsorge. Eine Expertenkonferenz in Berlin macht Hoffnung, dass Kapitaldeckung in der Vorsorge auch die nötige Transformationsfinanzierung beflügeln kann.

Neuer Schwung für deutschen Finanzmarkt

Neuer Schwung für deutschen Finanzmarkt

Kapitalgedeckte Altersvorsorge kann Finanzplatz beleben – Regierung ringt um Modell

wf Berlin

Die Bundesregierung ringt intern um den stetigen Aufbau des Generationenkapitals zur Altersvorsorge in der gesetzlichen Rente. "Wir wollen kein Pilotprojekt, wir wollen eine echte Entlastung für das System insgesamt", sagte Finanzstaatssekretär Florian Toncar (FDP) in Berlin bei einer Konferenz der Business School ESMT in Kooperation mit dem Corporate Governance Institute der Frankfurt School sowie Frankfurt Main Finance. "Wir sind in der Bundesregierung noch dabei, die konkreten Schritte weiterer Zuführung zu beraten", erläuterte Toncar. "Da gibt es noch keinen fertigen Konsens." Das Ministerium dringe darauf, nicht nur einmalig, sondern jedes Jahr dem neuen Kapitalstock einen zweistelligen Milliardenbetrag zuzuführen. Bei der Konferenz ging es um die Schlüsselrolle der privaten Kapitalmärkte für das Rentensystem und die grüne Transformation.

Im Koalitionsvertrag hatten sich SPD, Grüne und FDP darauf verständigt, als ersten Schritt 10 Mrd. Euro des Bundes am Kapitalmarkt für die gesetzlichen Rente anzulegen. Bei einer einmaligen Zufuhr bleibe dies ein Pilotprojekt, mahnte Toncar. Der Aufbau des Kapitalstocks benötige rund 15 Jahre. Erst ab Mitte der 2030er Jahre sollen Erträge ausgeschüttet und damit der staatliche Zuschuss zur gesetzlichen Rentenversicherung reduziert werden. Der Kapitalstock soll unangetastet bleiben. Die Mittel will der Bund kreditfinanzieren. Die Rendite wird damit um die Schuldzinsen geschmälert.

Markt erlaubt Risikostreuung

Das Bundesfinanzministerium verspricht sich von der Kapitaldeckung vor allem auch eine Risikostreuung über die Grenzen Deutschlands hinaus. Der Experte für Altersvorsorge Axel Börsch-Supan von der Max-Planck-Gesellschaft hatte zuvor die Entkoppelung der Altersvorsorge von der nationalen Wirtschaftslage als großen Pluspunkt der Kapitaldeckung genannt. Das Umlageverfahren sei in einer alternden Gesellschaft untrennbar mit der Lage am Arbeitsmarkt und dem geschwächten Produktionspotenzial verknüpft. Innerhalb der Bundesregierung scheint indes politisch darum gerungen zu werden, inwieweit das Generationenkapital für Investments in Deutschland eingesetzt werden muss.

Börsch-Supan hält wenig von den Plänen der Bundesregierung. "Bis das Generationenkapital aufgebaut ist, ist der demografische Wandel längst vorbei", konstatierte der Wissenschaftler. Christian Strenger von der Frankfurt School verbindet mit einer verstärkten Kapitaldeckung in der Altersvorsorge die Hoffnung, dem Finanzmarkt hierzulande neuen Schwung zu bringen. Es müssten neue Wege beschritten werden, um IPOs zurückzuholen und nicht den USA zu überlassen, sagte Strenger. Er verwies auf gelungene kapitalgedeckte Vorsorge in Schweden oder den Niederlanden. Jörg Rocholl, Präsident der ESMT, verwies auf die wichtige Rolle des Kapitalmarktes bei der Transformationsfinanzierung. Bankkredite allein reichten nicht aus. Viele Investitionen – vor allem in Venture-Capital-Firmen – könnten wegen hoher Risiken nicht von der Kreditwirtschaft finanziert werden.

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