Labour auf Europa-Tour

Starmer will besseren Brexit-Deal erreichen

Labour-Führer Keir Starmer hat bei seiner Stippvisite auf dem Kontinent ein größeres Gastgeschenk als erwartet bekommen. Doch das Angebot, assoziiertes Mitglied der EU zu werden, ist für die größte britische Oppositionspartei uninteressant. Sie ist auf die Stimmen der Brexit-Befürworter in den nordenglischen Armutsregionen angewiesen.

Starmer will besseren Brexit-Deal erreichen

Starmer will besseren Brexit-Deal erreichen

Größte britische Oppositionspartei ist allerdings nicht daran interessiert, assoziiertes Mitglied der EU zu werden

hip London

Der britische Oppositionsführer Keir Starmer hat vermutlich nicht damit gerechnet, dass sein Kurzbesuch auf dem europäischen Kontinent die Debatte über das Für und Wider einer EU-Mitgliedschaft wieder anfachen würde. Er habe dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron bei "sehr politischen" Gesprächen gesagt, er wolle die Beziehungen zwischen den beiden Ländern stärken, wird der Labour-Chef von der "Financial Times" zitiert. Vor Wirtschaftsvertretern habe er seine Absicht dargelegt, den von Boris Johnson ausgehandelten Brexit-Deal nachzuverhandeln. Er wolle engere Handelsbeziehungen. Das von Johnson zustande gebrachte Abkommen sei "viel zu dünn".

Großes Wahlkampfthema

Wie die "Daily Mail" unter Berufung auf eine Quelle im Londoner Regierungsviertel Whitehall berichtet, wurde das Treffen mit Macron von Tony Blair eingefädelt. Der ehemalige Premierminister sei überzeugt, dass das Thema Brexit Labour Wählerstimmen bringen werde, und dränge seinen Nachfolger an der Parteispitze dazu, die Grundlagen dafür zu schaffen, den EU-Austritt rückgängig zu machen.

Als Starmer in Paris war, stellten Deutschland und Frankreich ihren Vorschlag für eine Reform der Staatengemeinschaft vor, die eine schnellere Erweiterung ermöglichen soll. Macron gilt als Unterstützer des Konzepts, das Ländern wie Großbritannien ermöglichen würde, als "assoziiertes Mitglied" dabei zu sein. Hätte es auf dem Tisch gelegen, als David Cameron vor dem EU-Referendum die Beziehungen neu verhandeln wollte, wäre es vielleicht nicht zum Brexit gekommen. Die assoziierten Mitglieder sollen schließlich Zugang zum Binnenmarkt bekommen, brauchen aber nicht so viel in den Haushalt einzuzahlen und müssen sich auch nicht an der politischen Union beteiligen.

Dilemma für Labour

Doch nun stürzt der Vorstoß der Europaminister Starmer und seine Partei in ein Dilemma. Unter den Vertretern der urbanen Eliten, die einen Großteil des Personals der Partei stellen, gibt es eine Mehrheit für "Rejoin". Der Außenpolitikexperte David Lammy, der gerne ins Foreign Office einziehen würde, war ein großer Unterstützer einer weiteren Volksabstimmung über den EU-Austritt. Doch um die nächsten Wahlen zu gewinnen, ist die Partei auf ihre ehemaligen Stammwähler in den nordenglischen Armutsregionen angewiesen. Die bescherten 2019 Johnson und den Tories einen Erdrutschsieg, nachdem sie unter dem Slogan "Getting Brexit Done" angetreten waren. Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, dementierte ein führender Labour-Politiker jedes Interesse am Thema assoziierte Mitgliedschaft. "Das ist nicht das, woran wir Interesse haben", sagte Jonathan Reynolds dem Sender Sky News. "Wir haben immer klargemacht, dass wir denken, der Brexit-Deal müsste besser sein."

Im Jahr 2026 steht eine Überprüfung des von Johnson ausgehandelten Abkommens an. Labour sieht darin eine große Chance, das Bündel wieder aufzuschnüren, sollte die Partei bis dahin an die Regierung gekommen sein. In Brüssel hat man allerdings dem Vernehmen nach kein großes Interesse daran, Ressourcen für umfangreiche Nachverhandlungen einzusetzen.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.